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Deutscher Langlauf in
die Geschichtsbücher

Jagdrennen: Fünffach-Erfolg beim Weltcup in Vernon

Vernon (dpa). Bundestrainer Jochen Behle schüttelte fassungslos den Kopf und brachte nur das Wort »Wahnsinn« über die Lippen, während sich seine Schützlinge in den Armen lagen. Die deutschen Skilangläufer haben beim Jagdrennen in Vernon in Kanada mit einem Fünffach-Erfolg auch die letzte norwegische Bastion gebrochen und sich in den Geschichtsbüchern des Skisports verewigt.

Tobias Angerer (Vachendorf), Axel Teichmann (Bad Lobenstein), Andreas Schlütter (Oberhof), Jens Filbrich (Frankenhain) und René Sommerfeldt (Oberwiesenthal) spielten auf den jeweils 15 Kilometern in der klassischen und freien Technik mit der internationalen Konkurrenz Katz' und Maus und untermauerten ihren Ruf als weltbeste Allrounder.
Im Mittelpunkt der Jubel-Arien stand einmal mehr Tobias Angerer. Der Bayer gewann zum zweiten Mal in diesem Winter, darf sich nun Weltcup-Spitzenreiter nennen und heimste zudem die Siegprämie von 15 000 Schweizer Franken ein.
»Meine Taktik war es, vor dem letzten Anstieg in eine gute Position zu kommen und dort zu attackieren«, beschrieb »Tobi« sein Rennen. Als das vollbracht war, hieß es nur noch Laufen, Laufen, Laufen: »Es war unglaublich und wunderschön. Ein ganz großer Tag für uns Deutsche Das werden wir alle nie und nimmer vergessen.« Ein besseres Ergebnis haben bislang nur die Norweger erzielt. Im November 2001 belegten sie in Kuopio/Finnland im 15-km-Rennen die ersten acht Plätze.
Angerer, der die komplette Saisonvorbereitung in der Trainingsgruppe des Oberhofers Cuno Schreyl gemeinsam mit Teichmann, Schlütter, Filbrich und Franz Göring bestritt, ist in diesem Winter gereift. Fehlte es ihm in der Vergangenheit oftmals an Nervenstärke und taktischer Cleverness, so ist er momentan der Erfolgsgarant im deutschen Team. Rechnet man den Staffelsieg in Beitostölen mit, den er ebenfalls mit einem unwiderstehlichen Antritt in der letzten Runde perfekt gemacht hatte, so hat er an jedem Weltcup-Wochenende einmal der Konkurrenz die Ski-Enden gezeigt.
Im Schatten von Angerer meldeten sich auch die anderen Deutschen bei Kaiserwetter zurück. Teichmann, der in Kuusamo wegen einer Erkältung fehlte und fast zwei Wochen mit dem Training aussetzen musste, jagte wie zu besten Zeiten durch die Loipe. Schlütter schaffte erstmals seit 2002 wieder den Sprung auf das Siegerpodest und bedankte sich bei den Technikern. »Sie habe einen großen Job gemacht, wir hatten exzellente Freistil-Ski«, sagte der Klassik-Spezialist. Filbrich zeigte sich unbeeindruckt von der Schutzsperre wegen seines hohen Hämoglobinwertes in Finnland. Und Sommerfeldt schaffte im Sog des »Thüringen-Expresses« seine beste Saisonplatzierung.
Dies gelang bei den Frauen auch Evi Sachenbacher-Stehle mit Platz vier im Jagdrennen über jeweils 7,5 km in den beiden Techniken. An der schon fast überirdisch überlegenen Norwegerin Marit Björgen führte auch diesmal kein Weg vorbei.

Artikel vom 12.12.2005