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Scheinhinrichtung auf dem CIA-Wasserbrett

Verschärfte Verhöre sind einigen US-Ermittlern erlaubt

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). Bis hart an die Grenze zur Scheinhinrichtung gehen nach internationalem Recht unzulässige Verhörmethoden, die die USA 14 CIA-Spezialisten erlauben. Ein Blick in deren Praxis:

Seit dem 11. September 2001 glauben sich die USA im Krieg. Nur so ist zu erahnen, was den Gesetzgeber der vermeintlich größten Demokratie der Welt veranlasst hat, die folgenden Praktiken innerhalb eines exakt gefassten Regelwerks zu erlauben: - Hartes Schütteln mit festem Griff an der Kleidung des Terrorverdächtigen.- Schlag mit der offenen Handfläche ins Gesicht. - Schlag mit offener Handfläche auf die Magengegend - Stehen bis zu 40 Stunden.- Kaltzelle: Die Temperatur wird auf zehn Grad Celsius gesenkt, Güsse mit Kaltwasser zulässig.- Der Zuverhörende wird auf ein »Wasserbrett« geschnallt, das Kopfende abgesenkt und der Kopf mit Plastikfolie umwickelt. Wasser wird gezielt in die Nase gegossen, um Erstickungsangst zu bewirken.
Der US-Fernsehsender ABC hat über diese sechs Stufen des »verschärften Verhörs« am Donnerstag berichtet. Einzelheiten waren schon länger geläufig. Auch war bekannt, dass zur Aufdeckung geplanter Terrorakte seit dem 11. September über gesetzliche Regelungen, wie sie in den USA gelten, hinausgegangen werden darf.
Neu für die amerikanische Öffentlichkeit war allein die exakte Beschreibung und ihre Einordnung in ein genau festgelegtes Verfahren. Raffinierte Täuschungs- und Überrumpelungsmannöver gehen voraus, um den Delinquenten zum Sprechen zu bewegen. Die sechs verschärften Verhörmethoden sollen laut ABC den absoluten Gipfel darstellen. Noch Härteres, wie Knochenbruch, Elektroschock und das Zufügen von offenen Wunden soll auch den 14 dafür ausgebildeten Vernehmern untersagt sein.
Das alles und jedes regelnde US-Verfahren, das in Europa den Tatbestand der Folter längst erfüllt, sieht vor, dass Ärzte die Anwendung der sechs verschärften Maßnahmen überwachen. Für jeden Fall muss vorher eine Erlaubnis des stellvertretenden CIA-Direktors eingeholt werden.
Nach Angaben anderer US-Medien sind die Methoden bislang gegenüber elf Internierten angewandt worden. Einer sei dabei an Unterkühlung gestorben.
Die stets als »ehemalige CIA-Mitarbeiter« bezeichneten Quellen berichten, dass das Wasserbrett und die Kaltzelle als die wirkungsvollsten Methoden gelten, um schweigsame Internierte zum Sprechen zu bringen. Den Beteiligten sei klar, dass beide Methoden der völkerrechtlich verbotenen Scheinhinrichtung mindestens sehr nahe kommen.
Einige Agenten hätten in ihrer Spezialausbildung als Foltervernehmer Selbstversuche mit dem »Wasserbrett« gemacht und im Schnitt 14 Sekunden durchgehalten. Ein hohes El Kaida-Mitglied soll mehr als zwei Minuten widerstanden haben, bis es bereit war zu sprechen. Inzwischen würden auch US-Elitesoldaten mit dieser Form der Aussageerpressung konfrontiert - angeblich, um sie selbst resistenter in solchen Situationen zu machen. Für Kritiker ist klar, dass sie das Erlittene gegebenenfalls auch anwenden könnten.
Hintergrund für die offenbar gezielt an die Öffentlichkeit gebrachten brutalen Details ist eine Gesetzesinitiative, um einige im Antiterrorkampf verschärfte Regelungen wieder zurückzunehmen. An der Spitze dieser politischen Bewegung steht der republikanischen Senator John McCain. Er wurde im Vietnamkrieg selbst zum Folteropfer und hat US-Präsident George W. Bush schon lange die Gefolgschaft aufgekündigt.

Artikel vom 10.12.2005