09.12.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Hochspannung
vor WM-Lotterie

Pele hat Holland in der Hand

Leipzig (dpa). Die Zeit der Spekulationen endet um genau 21.31 Uhr: Dann wird heute in der Leipziger Messehalle laut Protokoll die Los-Lotterie gestartet, die endlich Klarheit über die Zusammensetzung der acht Gruppen bei der Fußball-Weltmeisterschaft schaffen wird.

Nur 23 Minuten dauert vor 4000 geladenen Gästen und erwarteten 320 Millionen TV-Zuschauern der Akt der Los-Entscheidung, um den sich ein gigantisches Brimborium entwickelt hat. »Die ganze Welt blickt nach Leipzig«, sagte FIFA-Präsident Joseph Blatter, der zwar die Eröffnungsrede halten wird, die Rolle des Zeremonienmeisters aber Medienchef Markus Siegler übertragen hat.
Fünf Mal wurde das angelehnt an die Dauer eines Fußballspiels auf 90 Minuten angesetzte Spektakel geprobt. Moderator Reinhold Beckmann und Top-Model Heidi Klum führen zweisprachig durch das Rahmenprogramm. Der Schweizer Siegler wird bei der eigentlichen Auslosung von acht Fußball-Größen - von Pelé über Johan Cruyff bis zu Lothar Matthäus - als Glücksbringern assistiert. »Ich bin schon stolz darauf, mit solchen Stars auf der Bühne zu stehen«, meinte der deutsche Rekord-Nationalspieler.
Den einzigen Wunsch im deutschen Lager bringt Nationalstürmer Kevin Kuranyi auf den Punkt: »Ich möchte nicht schon wieder in der Gruppenphase gegen Holland spielen.« Während die DFB-Auswahl als Gastgeber in Topf eins der vermeintlich besten Mannschaften gesetzt wurde, schaffte es der vor vier Jahren nicht für die WM qualifizierte Erzrivale nur in den »Europa-Topf« 3. Der wird von Brasiliens Weltstar Pelé betreut, der es damit in der Hand hat, ob es wie zuletzt schon bei der EM 2004 in Portugal zu einem Duell der Nachbarländer kommt. Nach Ansicht von Beckenbauer könnte es kaum einen besseren Start für das deutsche Team geben: »Eine schwere Gruppe ist besser für uns.«
Bundestrainer Jürgen Klinsmann, der gestern in Leipzig eintraf, wollte öffentlich weder einen Wunschzettel noch eine Angstgruppe formulieren. »Wir nehmen es, wie es kommt«, sagte der 41- Jährige. Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff indes meint nicht zuletzt wegen der guten Erinnerungen: »Saudi-Arabien wäre angenehm.« Vor vier Jahren hatte die DFB-Elf in Sapporo mit einem 8:0 gegen die Saudis ihren Siegeszug bis ins Endspiel gestartet. Ob es eine Neuauflage geben kann, liegt in Matthäus' Hand. Er ist für Topf vier verantwortlich, in dem die Vertreter aus Asien, Nord- und Mittelamerika versammelt sind. Den Europa-Topf betreut Pelé, Cruyff ist für die in Topf 2 vereinigten Teams aus Afrika, Südamerika und Ozeanien-Meister Australien zuständig.
Für die Veranstalter ist das Auslosungs-Spektakel nicht nur ein organisatorischer Kraftakt.Ein halbes Jahr vor dem eigentlichen Fußball-Fest wollen die WM-Planer um OK-Chef Franz Beckenbauer getreu dem WM-Slogan »Die Welt zu Gast bei Freunden« nicht nur als perfekte Planer, sondern als weltoffene Gastgeber auftreten. »Unser Motto steht auf dem Prüfstand«, sagt OK-Vizepräsident Wolfgang Niersbach. Bewusst hatte man Leipzig als Schauplatz für den eigentlichen WM-Startschuss gewählt. »Wir wollen damit das wiedervereinigte Deutschland repräsentieren.«

Artikel vom 09.12.2005