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Pastor Rolf-Rüdiger Schuster hält auch kurze Andachten beim Essen.

Warmes Essen bald
in Außenbezirken?

»Bielefelder Tisch« sucht neue Räume

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Anfangs kamen nur 17 Obdachlose, doch mittlerweile beköstigt und betreut der »Bielefelder Tisch« jeden zweiten Tag um die 200 Bedürftige. Es wäre höchste Zeit, eine Zweigstelle einzurichten.

Doch woher nehmen? Pastor Rolf-Rüdiger Schuster, der beim »Bielefelder Tisch« die Arbeit von 50 Ehrenamtlichen koordiniert, hat vor allem Brackwede und Sennestadt im Blick. »Hier leben besonders viele Hartz-IV-Empfänger, und leerstehende Gebäude - auch kirchliche - sind vorhanden.«
Nur bezahlbar müsste das Wirtschaften dort sein. Man braucht nicht viel, denn auch an der Heeper Straße 121a, wo die Odyssee der ausschließlich von (Klein-) Spenden getragenen Institution endete, wird auf mobilen »Kochhockern« Essen zubereitet, und die Spülmaschine gilt schon als purer Luxus. Am teuersten sind Gas, Strom und Elektrizität. »Könnten da nicht mal die Stadtwerke aktiv werden?«, fragt Pastor Schuster. »Schließlich entlasten wir doch die Stadtkasse beträchtlich!«
Dienstags und donnerstags (18 bis 21 Uhr) und samstags (13 bis 17 Uhr) ist der »Bielefelder Tisch« für seine Gäste geöffnet. Nicht jeden Tag, denn »wir wollen die Menschen nicht von uns abhängig machen«, erklärt Schuster. Obdachlosen gibt man eine Tüte mit belegten Broten mit auf den Weg. Ansonsten dürfen sich die Gäste auf ein warmes Essen, auf zwangloses Entspannen und bei Bedarf auch auf ein problemorientiertes Gespräch unter vier Augen freuen. Die Ärztin Barbara Kroll betreut die Hilfesuchenden medizinisch.
Ohne einige große Sachspenden des Lions-Clubs Bielefeld wäre der »Bielefelder Tisch« ärmer dran. »Vor allem moslemische Frauen, die zu Hause auch schon von ihren kleinen Söhnen geschurigelt werden dürfen, legen bei uns dringend benötigte Ruhephasen ein, derweil ihre Kinder in einer vom Lions-Club gestifteten Hütte beschäftigt werden«, berichtet der 63-jährige Pastor.
Heiligabend und Silvester ist immer bis tief in die Nacht geöffnet. »Wir machen es unseren Gästen gemütlich, ohne ins Sentimentale abzudriften.« Denn wenn man beim »Bielefelder Tisch« eines beobachtet hat, dann dieses: »Das größte Problem in Deutschland ist nicht die Armut - es ist die Einsamkeit.«
Wer dem eingetragenen Verein spenden möchte: Sparkasse Bielefeld, BLZ 480 501 61, KtoNr. 272 255 64.

Artikel vom 08.12.2005