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Paar rast ohne Bremsen in den Tod

Anklage: Autoverkäufer soll gefährlichen Mangel verschwiegen haben

Von André Best
Halle (WB). Ein Kfz-Mechaniker aus Halle (37) soll ein Auto in dem Wissen verkauft haben, dass die Bremsen nicht funktionieren. Vier Tage danach raste der 7-er BMW ungebremst unter einen Lkw. Zwei Menschen starben.
Tot: Björn M. (22) aus Werther fuhr den BMW.
Tot: Jennifer J. (17) saß mit im Wagen.
Marion Lander trauert um ihren Sohn Björn und seine Freundin Jennifer. Foto: André Best

Fast jeden Tag besucht Marion Lander aus Werther die Unfallstelle. Hier, an der L 782 in Halle im Kreis Gütersloh, ist der Unfall passiert. Für ihren Sohn Björn, der am Steuer saß, und Beifahrerin Jennifer J. (17) aus Halle kam jede Hilfe zu spät.
Fast vier Jahre später hat die Staatsanwaltschaft Bielefeld Anklage wegen fahrlässiger Tötung gegen den Mann erhoben, der das Unfallauto trotz defekter Bremsen für 2500 Euro an das spätere Opfer verkauft haben soll. Marion Lander hatte damals Anzeige erstattet. Sie ist sich sicher, dass der 37-jährige Kfz-Mechaniker aus Halle, der in Borgholzhausen in einer kleinen »Hinterhof-Werkstatt« tätig war, an den Bremsen »herumgeschraubt« habe. Er soll die Limousine zuvor für 500 Euro gekauft haben. Weil die Bremsen zum Teil neu waren, soll er sie kurz vor dem Weiterverkauf ausgetauscht haben. Marion Lander erinnert sich, dass der Kfz-Mechaniker (bis zum Unfall ein Freund von Björn) sich »sehr auffällig« verhalten habe. »Er wollte den Unfallwagen unbedingt zurückkaufen, obwohl er nur noch Schrottwert hatte. Außerdem sagte er immer wieder, dass man ihm den Tod der beiden nicht anlasten könne.«
Sachverständige haben »erhebliche technische Mängel im Bereich der Bremsanlage der Hinterachse« festgestellt. Danach handelte es sich eindeutig um einen Wartungsmangel der Bremsanlage, der schon über einen längeren Zeitraum vorlag.
Als die Polizei den mutmaßlichen Täter dingfest machen wollte, war er jedoch verschwunden. Denn der Kfz-Mechaniker war aus dem offenen Vollzug geflohen. Er war im Jahr 2004 vom Landgericht Bielefeld zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der 37-Jährige hatte unter anderem Baumaschinen gestohlen. Auch sonst war der Vater eines Sohnes alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. Zahlreiche Kfz-Delikte gehen auf sein Konto. Insgesamt liegen 24 Eintragungen im Vorstrafenregister vor.
Bei einer Routinekontrolle ging er der Polizei schließlich im Ruhrgebiet ins Netz. Seitdem sitzt er in der Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen in Haft.
Anfang 2006 wird sich der mehrfach vorbestrafte Kfz-Mechaniker vor dem Landgericht Bielefeld verantworten müssen.
An der Unfallstelle erinnern zwei Holzkreuze an die Verstorbenen. Davor leuchten zwei ewige Lichter.

Artikel vom 08.12.2005