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Das lange Warten auf den Sieg

Kölns elfter Versuch: Trainer Rapolder will den Eigensinn austreiben

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Köln (WB). Jetzt kommt der SV Werder - auch nicht gerade eine Mannschaft, die der 1. FC Köln aus dem Stadion fegt. Eher schon muss er fürchten, dass sich das Warten auf einen Sieg um noch ein Spiel ausdehnt.

Zwar brachten die Gäste vom rustikalen Aufsteiger-Duell in Duisburg ein Remis mit und verhinderten so, nun von Abstiegsplatz 17 aus antreten zu müssen, aber allmählich wird es auch dem Trainer zu viel. »Jeder, der Fußball gespielt hat, weiß, wie schlimm es ist, wenn man zehn Mal hintereinander nicht gewonnen hat«, sagte Uwe Rapolder nach dem 1:1.
Wieder ein Pünktchen für die Tabelle und ein Fünkchen für die Hoffnung. Und doch: Wunschlos glücklich machte das Resultat den 1. FC Köln sicher nicht. Auch Rapolder wollte mehr, als er bekam. Deswegen trat die Enttäuschung über den verpassten Erfolg in einen Wettstreit mit der Freude über die verbesserte Leistung. Die war nur zu Beginn dieser Saison okay und erst zuletzt wieder etwas ansprechender. Unter dem Strich stehen nach dem 15. Spieltag Position 15 und zwölf Punkte. Wobei die vergangenen Wochen den FC vor einen wahren Härtetest stellten: Drei Unentschieden und sieben Niederlagen - das haut auch den stärksten Geißbock um.
Zehn Spiele - null Siege. Noch vor Weihnachten will die Mannschaft einen eiskalten FC-Winter verhindern und sich mit vier Zählern vom Gefrierpunkt entfernen. Drei gegen Bremen, einen in Bielefeld. Oder umgekehrt. »Vielleicht kommt uns Werder recht«, blickt der Trainer zunächst auf die kommende Aufgabe. Die muss der 1. FC Köln zwar ohne die gesperrten Albert Streit und Lukas Podolski angehen, aber aus sicherer Außenseiter-Haltung lässt es sich mitunter viel besser Ball spielen.
Außerdem wird es höchste Zeit, sich endlich zusammenzuraufen. Einheit statt Ego - Rapolder predigt das jeden Tag von seiner Trainerkanzel. »Wenn wir unsere Egoismen nicht in den Griff bekommen, wird es ganz schwer für uns.« Auch in Duisburg bewies die Elf wieder ihre Begabung, den besser postierten Nebenmann zu ignorieren. Die »Ich mach's allein«-Variante führt zu nichts, findet der Trainer. Außer zu einem Bankplatz. Dorthin schickte er seinen eigentlich stammelf-tauglichen Mittelfeldspieler Youssef Mokhtari, als der in einem Anfall von Egozentrik die Entscheidung gegen Schalke versiebte. Rapolder kämpft weiter darum, dem Team diesen Eigensinn auszutreiben: »Jeder muss sich genauso über den Treffer eines Kumpels freuen wie über den eigenen.«
Am gemeinsamen Geist fehlte es seinen Spielern auch in der ersten halben Stunde in Duisburg. Ohne Bock spulte die Truppe ihr Programm ab, wirkte desorientiert und sogar vom MSV überfordert. Bis plötzlich Podolski traf - und fortan entwickelte sich ein ganz anderes Spiel. Nur vor dem Tor verebbten die Bemühungen wieder einmal erfolglos.
»Wir müssen uns in der Winterpause zusammensetzen und genau überprüfen, was wir tun müssen, um in der Rückrunde besser abzuschneiden«, deutete der Trainer schon die große Analyse an. Nicht alles ist steuerbar. Rapolder hat sich schon gefragt, ob das Chaos in »Kölle« sein Zuhause hat. »Ich habe in der Hinrunde alles erlebt - Verletzungen, Sperren, Zwischenfälle. Das ganze Programm.« Dazu gehörte auch, dass Nationalspieler Podolski so tief im Formtal versackte, dass der Trainer unwirsch wurde. »Hau den Lukas« ist in dieser Stadt allerdings verboten, und der bisweilen wohl auch auf Anordnung von außen meuternde Star hätte Rapolder ramponieren können.
Dann brachte die Jahreshauptversammlung einen so überwältigenden Vertrauensbeweis für den Fußball-Lehrer, dass der sich fast schon auf immer und ewig den FC-Fans verbunden fühlt: »Um sie tut es mir besonders leid. Wir haben die Verpflichtung, ihnen endlich wieder einen Sieg zu schenken.«
Monate sind den Rhein heruntergezogen seit dem 2:1 gegen Erzrivale Gladbach, dem letzten großen Jubeltag am 17. September. »Bei so einer Negativserie werden alle nervös. Die Anhänger, die Spieler, auch der Trainer«, räumt Rapolder ein. Und hofft weiter auf den Tag der Erlösung.

Artikel vom 09.12.2005