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Landgericht verhandelt
gegen Heroin-Bande

Rauschgift aus Kasachstan an Zwischenhändler geliefert

Bielefeld (uko). Erneut müssen sich russischstämmige Mitglieder einer Drogenbande vor dem Landgericht Bielefeld verantworten. Seit Dienstag verhandelt die 2. Strafkammer gegen zwei Deutsche und einen Kasachen, die mit Heroin im Kilobereich gedealt haben sollen. Sollten sich die Vorwürfe beweisen lassen, will Staatsanwalt Martin Temmen zweistellige Strafen fordern.

Seit dem Dezember 2004 sollen die in Russland geborenen Männer in Bielefeld, Lippstadt, Gütersloh und Kasachstan aktiv gewesen sein. Als führendes Mitglied der Bande hat Temmen den 32-jährigen Waldemar S. ausgemacht, der maßgeblich von seinem kasachischen Komplizen Sultan N. (31) und dem ebenfalls in Deutschland eingebürgerten Artour L. (40) aus Lippstadt unterstützt wurde.
So soll seinerzeit in Kasachstan ein Batzen von zwei Kilogramm »weißes Heroin« bestellt worden sein. Dieses Rauschgift, das den hohen Wirkstoffanteil von 70 Prozent haben sollte, wurde jedoch nie geliefert. Stattdessen kam ein Kurier mit lediglich einem Kilogramm minderwertigen Heroin, das er bei einem Zwischenhändler in Geseke ablieferte.
In den Folgemonaten kam es zu weiteren Käufen von insgesamt 700 Gramm Heroin, das von diversen Händlern erworben und an andere Unterverkäufer in Baumheide und Sennestadt weiterveräußert worden sein soll. Im übrigen, so erläuterte Temmen gestern, sei insbesondere S. auch in Falschgeldgeschäfte verstrickt - diese Verfahren spielen allerdings in dem Prozess vor der 2. Strafkammer keine Rolle.
Nach Ansicht der Drogenermittler setzt sich damit ein unheilvoller Trend fort, wonach immer mehr gebürtige Russen und Spätaussiedler in die ostwestfälischen Drogengeschäfte einsteigen. Spielten vor Jahren noch Kosovo-Albaner, Kurden und Türken die führende Rolle im Rauschgifthandel im Regierungsbezirk Detmold, so haben mittlerweile Banden von Dealern aus den baltischen Staaten und aus Russland das eindeutige Sagen. Nach Ansicht der Bielefelder Staatsanwälte machen sich die Täter vor allem das Elend zunutze, dass besonders die Kinder von Spätaussiedlern aus den ehemaligen russischen Staaten von harten Drogen abhängig sind.
Temmen begründete seine Erwartung eines hohen Strafmaßes gestern mit einem ähnlich gelagerten Fall: Erst im vergangenen Jahr hatte er gegen einen litauischen Drogenresidenten ein Urteil von zehn Jahren und neun Monaten erzielt. Jener Mann, so Martin Temmen, habe mit Heroin in ähnlicher Größenordnung gedealt, habe damals jedoch ein weitreichendes Geständnis abgelegt. - Der Prozess wird fortgesetzt.

Artikel vom 07.12.2005