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»Noch sind viele Rechnungen offen«

Schwere Finanz- und Führungs-Turbulenzen an den deutschen Theatern

Von Elke Vogel
Berlin (dpa). Die Bretter, die die Welt bedeuten, haben im Theaterjahr 2005 schwer geächzt. Nicht nur, weil viele Bühnen marode und sanierungsbedürftig sind. Vor allem die Finanzlage lässt die Intendanten stöhnen. Es gehe überall nur noch ums Sparen und die Entmachtung der Theater-Leiter, warnt die Intendantengruppe im Deutschen Bühnenverein.
Beispiel Bremen: Schauspielerin Sabine Postel nimmt mit Generalintendant Klaus Pierwoß an einer Solidaritätsveranstaltung teil.Foto: dpa

Ein besonders spektakulärer Fall spielt sich in Bremen ab. Erst nach wochenlangem Tauziehen zwischen der Landesregierung und dem Theater Bremen scheint jetzt Hilfe in Sicht. Der Senat springt doch mit einem Kredit ein. Die öffentlichen Mittel für die Theater werden nach Angaben der Intendantengruppe stärker gesenkt als in vielen anderen Kulturbereichen. So hätten die deutschen Spielstätten in der Spielzeit 2003/2004 eine Kürzung ihrer etwa zwei Milliarden Euro umfassenden Finanzierung um 49 Millionen Euro hinnehmen müssen. Mehr als 550 Stellen wurden gestrichen.
Auch in größeren Städten wie Berlin wird hart ums Geld gekämpft. Der Berliner Schaubühne droht gar die Insolvenz. In den neuen Ländern sind wie zum Beispiel in Sachsen noch etliche Theaterfusionen im Gespräch.
Doch auch um die Kunst wurde in diesem Jahr teils heftig gerungen. Das Dresdner Schauspielhaus stritt vor Gericht um eine um aktuelle politische Bezüge ergänzte Aufführung von Hauptmanns »Die Weber« und musste sich einem zeitweiligen Verbot beugen. Zum Politikum wurde die Nachfolge-Frage am Deutschen Theater Berlin. Der für den Intendanten-Posten vorgeschlagene Schriftsteller Christoph Hein fühlte sich »vorverurteilt« und machte einen Rückzieher. Bernd Wilms willigte daraufhin ein, das Theater bis 2008 weiter zu leiten.
»Noch sind viele Rechnungen offen!« - so begründete Claus Peymann (68) seine Vertragsverlängerung am Berliner Ensemble bis 2009. Tom Stromberg legte am Hamburger Schauspielhaus nach fünf Jahren seinen Abschied hin. Friedrich Schirmer aus Stuttgart hat Strombergs Nachfolge angetreten. Am Stuttgarter Staatsschauspiel hält nun der gebürtige Dresdner Hasko Weber die Zügel in der Hand.

Artikel vom 08.12.2005