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Ihre Stimme
setzt Maßstäbe

Elisabeth Schwarzkopf wird 90

Von Thomas Strünkelnberg
Hamburg (dpa). Ihr Name steht für unübertroffenen Mozart- und Strauss-Gesang, für subtile Liedkunst, aber auch für hoch artifizielles Singen: Elisabeth Schwarzkopf. Morgen feiert sie ihren 90. Geburtstag.
Eine große Sopranistin:
Elisabeth Schwarzkopf.

Es war 1946 in Wien, als Plattenproduzent Walter Legge mit der jungen Sopranistin ein Hugo- Wolf-Lied erarbeitete. Eineinhalb Stunden lang feilte er hartnäckig, bis Herbert von Karajan mahnte: »Kreuzige das Mädchen nicht.« Doch die Sängerin mit dem »unerbittlichen Perfektionismus« (Legge) bestand den Test. Sie wurde eine der größten Sopranistinnen ihrer Epoche, neben Maria Callas und Victoria de los Angeles - und 1953 Legges Ehefrau.
Auf die glänzende Karriere fiel später ein Schatten: Alan Jefferson, ein Vertrauter ihres Ehemanns, veröffentlichte Mitte der 90er Jahre eine Biografie über die Diva und erhob Nazi-Vorwürfe. Zwar gab die Schwarzkopf zu, 1940 den Beitritt zur NSDAP beantragt zu haben - »auf Verlangen der Intendanz des Opernhauses in Berlin«. Behauptungen britischer Zeitungen, sie sei ein begeistertes Parteimitglied gewesen, wies sie zurück.
Die musikalischen Leistungen der Sängerin, seit 1992 »Dame of the British Empire«, erregen indes bis heute Bewunderung. Schon 1946 bezeichnete Karajan sie als »vielleicht die beste Sängerin Europas«. Und ihre Interpretation der Fiordiligi, Donna Elvira und Gräfin Almaviva in Mozarts »Cosí fan tutte«, »Don Giovanni« und »Le nozze di Figaro« sowie der Strauss-Partien der Marschallin im »Rosenkavalier« oder der Gräfin in »Capriccio« setzten Maßstäbe.
Die Karriere der 1915 in Jarotschin bei Posen geborenen Schwarzkopf, die bei der Sopranistin Maria Ivogün studiert hatte, begann 1938 in Berlin und dauerte bis 1979. Nach dem Krieg wurde Legge zu ihrem wichtigsten Förderer, er baute die Karriere seiner späteren Frau sorgsam auf. Ihre Weltkarriere begann 1947 mit einem Gastspiel der Wiener Oper in London. Seitdem sang sie an der Mailänder Scala, in Bayreuth und an der New Yorker Metropolitan Opera. 1972 beendete sie ihre Bühnenkarriere, 1979 gab sie ihren letzten Liederabend im schweizerischen Zürich.
Seit den 80er Jahren trat Elisabeth Schwarzkopf als Gesangspädagogin hervor - und mahnte ihre Schüler, die Zeit zu nutzen. »Natürlich muss man singen in der Zeit, in der man singen kann. Das Leben des Sängers ist kürzer als jedes andere«, betonte sie. Zu ihren Schülern zählt etwa der amerikanische Weltklasse-Bariton Thomas Hampson. Keine schlechte Bestätigung ihrer Fähigkeiten.

Artikel vom 08.12.2005