09.12.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Bremen erlebt
eine magische
Fußball-Nacht

Trainer Schaaf verlängert bis 2008

Bremen (dpa). Solch eine Ehrenrunde hat es selbst in Bremen noch nicht gegeben. Ganz langsam gingen die Werder-Spieler durch das Weserstadion, ganz, ganz langsam.

Geradezu genüsslich schritten sie an den Fans vorbei, die enthusiastisch den kaum mehr für möglich gehaltenen Sprung ins Achtelfinale der Champions League feierten. Es schien, als könnten die Profis nicht genug bekommen von diesem Moment. Das an denkwürdigen Europapokal-Abenden reiche Bremer Stadion erlebte beim 5:1 gegen Panathinaikos Athen wieder eine magische Nacht.
Nur widerwillig verriet Thomas Schaaf später ein wenig von dem, was in ihm vorgegangen war. »Das packt einen«, sagte der Trainer, der nach dem Schlusspfiff in ähnlichem Tempo von seiner Bank ins Stadioninnere gegangen war - ganz, ganz langsam. »Das sind die Momente, die man für sich selber festhalten möchte.« Wie sehr der Trainer dabei mit seinem Verein verwurzelt ist, zeigte die nächste frohe Botschaft für die Fans am Tag danach: Da verlängerte Schaaf seinen Vertrag bis 2008. »Hier habe ich die Freiheit für meine Arbeit«, sagte er.
Trotz der Galavorstellung mit Toren von Johan Micoud (2./Foulelfmeter), Nelson Valdez (28./31.), Miroslav Klose (51.) und Torsten Frings (90.+1) hatte es lange nicht nach einem Happy End ausgesehen. »Es war so still, dass ich mir Sorgen gemacht hatte, dass Udinese die Führung erzielt hatte«, sagte Manager Klaus Allofs. Werder drohte das Aus, weil Barcelona nicht der notwendige Sieg bei Udinese Calcio zu gelingen schien.
Doch fünf Minuten vor dem Ende der Partie breitete sich die Kunde vom ersten Treffer des FC Barcelona im Weserstadion aus. Die Party begann. »Trotz meiner beiden Tore habe ich die größte Freude in der 85. Minute verspürt«, berichtete Doppel-Torschütze Valdez: »Spätestens jetzt bin ich Fan des FC Barcelona.«
Kurz wurde es noch einmal still. Gebannt und glückselig schauten nach dem Abpfiff in Bremen die Spieler und die 38 000 Zuschauer auf die zwei Leinwände, wo die letzte Minute von Barcelonas 2:0-Sieg gezeigt wurden. Danach begann der zweite Teil der Party.
Während die Anhänger lauthals feierten, präsentierten sich Spieler und Verantwortliche als stille Genießer. Zu spüren war eher Erleichterung denn überschäumende Freude. »Das Gebetbuch und die Gnade haben geholfen«, sagte Clubchef Jürgen Born. Der Dank ging aber auch an den FC Barcelona, ohne dessen Hilfe Werder nur Dritter gewesen wäre. »Mein Kompliment, dass sie sich durchgesetzt haben«, sagte Torsten Frings, während Manager Klaus Allofs augenzwinkernd meinte: »Das kann man von einer großen Mannschaft auch erwarten.«
Nun blickt der Klub gespannt auf die K.o.-Runde, die am 16. Dezember in Nyon ausgelost wird und sieben mögliche Gegner bereit hält: Inter und AC Mailand, Juventus Turin, FC Liverpool, Arsenal London, FC Villareal und Olympique Lyon. Angesichts der 0:3- und 2:7-Lehrstunden durch die Franzosen in der zurückliegenden Saison stöhnte Valdez: »Egal wer, nur nicht wieder gegen Lyon.« Und Allofs meinte: »Die heben wir uns für später auf.«

Artikel vom 09.12.2005