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»Gammelfleisch« ist giftig

Fund in Melle: Bei Verzehr besteht die Gefahr schwerer Erkrankung

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bielefeld (WB). Der Verzehr von überlagertem »Gammelfleisch« kann zu Magenbeschwerden, Übelkeit und Erbrechen bis hin zu einer schweren Lebensmittelvergiftung führen.

Das hat nach Angaben des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums die Untersuchung der Ware ergeben, die der 39 Jahre alte Fleischgroßhändler Uwe Domenz aus Gelsenkirchen in einem Kühlhaus in Melle eingelagert hatte. »Mit diesem Fleisch kann sich der Verbraucher vergiften«, sagte Ministeriumssprecher Dr. Gert Hahne dieser Zeitung. Domenz hat allein im Jahr 2005 mit 550 Tonnen Fleisch und Fleischerzeugnissen gehandelt. Die Mengen für die Zeit seit Handelsbeginn im Jahre 2002 bis 2004 stehen nach Angaben des NRW-Verbraucherschutzministeriums noch nicht fest.
Angesichts von 200 000 gemeldeten Lebensmittelvergiftungen pro Jahr in Deutschland sollte der Konsument gezielt den Metzger und Einzelhändler seines persönlichen Vertrauens auswählen und im Zweifel nur dort die gewünschten Ware kaufen, sagte Gudrun Kopp, Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion für Verbraucherfragen. Der Kunde könne mit seinem Kaufverhalten eine enorme Markt-Macht ausüben.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Essen hatte Domenz nicht nur Fleisch in Kühlhäuser in Gelsenkirchen, Melle und Hamburg, sondern auch in Berlin und Brandenburg eingelagert. In der vergangenen Woche stellte die Polizei bei der Disselhoff Sachsenkrone GmbH in der Stadt Brandenburg Frachtpapiere sicher. Die GmbH ist eine Tochter der Tönnies Fleischwerke in Rheda-Wiedenbrück (Kreis Gütersloh). Tönnies ist das größte private Unternehmen für Qualitätsfleisch in Europa. Nach Angaben von Tönnies-Geschäftsführer Josef Tillmann hatte Domenz im Kühlhaus der GmbH im Jahre 2002 7,5 Tonnen Geflügelfleisch, im Jahre 2003 7,5 Tonnen und im Jahre 2004 3,8 Tonnen Fleisch eingelagert und später wieder abholen lassen. Die 3,8 Tonnen aus dem Jahre 2004 seien erst am 20. Juni 2005 ausgelagert worden.
Tillmann kündigte an, dass die GmbH in Brandenburg im nächsten Jahr aufgelöst wird. Für das Tiefkühlhaus (Fassungsvermögen 4500 Tonnen) werde noch ein Käufer gesucht. Die Produktion von marinierten Nackensteaks, die ohnehin nur fünf Monate im Jahr erfolge, werde nach Rheda verlagert. Die 24 Mitarbeiter erhielten eine Änderungskündigung. Ihnen werde ein Arbeitsplatz in Rheda oder im Werk Weißenfels (Sachsen-Anhalt) angeboten.
Die Staatsanwaltschaft Potsdam ermittelt gegen Verantwortliche der Disselhoff Sachsenkrone GmbH wegen Verstoßes gegen das Lebensmittelgesetz. Nach Aussagen eines entlassenen Mitarbeiters soll verdorbenes Fleisch verarbeitet worden sein. Bislang habe sich der Anfangsverdacht aber nicht bestätigt, sagte Oberstaatsanwalt Benedikt Welfens. Dies habe eine Sonderkontrolle ergeben. Es müssten aber noch Zeugen vernommen werden, die Aussagen zum angeblichen Handel mit verdorbenem Fleisch machen könnten.
Nach Angaben von Tillmann entbehren die Vorwürfe jeglicher Grundlage. Die Tönnies-Werke produzierten nur gutes Fleisch. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 07.12.2005