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Der Neue setzt Zeichen alter Verbundenheit

Erster Truppenbesuch von Verteidigungsminister Jung

Von Kristina Dunz
Prizren (dpa). Seine erste Berührung mit dem Kosovo kommt zunächst nicht zu Stande. Keine Trittstufen aufs schwer bewachte Flugfeld, dennoch keine Stolperfalle für den Neuen.

Nach der Landung von Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) gestern in Pristina steht zwar das Tankauto bereit, mit dem seine Maschine für den Rückflug nach Berlin aufgetankt werden sollte, nicht aber die Treppe, die er zum Verlassen des Flugzeugs braucht. Es dauert jedoch nur einige Minuten bis der neue Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt zu seiner Truppe vordringen konnte, schildern Teilnehmer der Delegation, die Jung zu seinem ersten Auslandsbesuch begleitet.
Erst einmal Boden unter den Füßen ist Jung am Sitz des Bundeswehrfeldlagers in Prizren von Menschen umringt. Mit zahlreichen Kameras wird sein erster Besuch bei deutschen Soldaten im Ausland festgehalten, sein Auftritt in der Delegation später als diplomatisch und professionell bewertet. Der Neuling in der Verteidigungspolitik äußert sich allgemein zu komplizierten Themen, legt sich in der Sache aber nicht fest. Und als erstes lobt er die Bundeswehr für ihren schwierigen Einsatz auf dem Balkan.
So betont er dessen Wichtigkeit für den Friedensprozess und beantwortet die Frage nicht, wie lange die deutschen Soldaten noch im Kosovo bleiben werden. Auch zur heiklen Statusfrage, wie die Kosovo-Albaner und die kleine serbische Minderheit langfristig im Frieden leben sollen, nimmt er Stellung - ohne ins Detail zu gehen. Die widerstreitenden Parteien müssten sich einigen, um Frieden und Stabilität zu sichern, lautet seine Botschaft.
Den deutschen Soldaten fern der Heimat versprach er bereits in der vorigen Woche vor dem größtmöglichen Multiplikator der Bundeswehrangehörigen, dem 220 000 Mitglieder starken Bundeswehrverband, die Fürsorge des Staates für sie zu verbessern und ihnen bestmögliche Ausbildung und Ausrüstung zu garantieren.
Am Beobachtungsposten »Auge« informieren die Soldaten dann ihren obersten Dienstherrn mit Blick auf den Stadtkessel von Prizren über Gefahren, Probleme und Erfolge des Einsatzes in der Umgebung. So leben in der Stadt schätzungsweise 120 000 bis 150 000 Menschen und unter ihnen gerade einmal 30 bis 40 Serben, berichtet Oberstleutnant Carsten Jahn. Sie träten aber nicht als Serben, sondern als Bosnier auf, um möglichen Aggressionen von Kosovo-Albanern zu entgehen.
Der Kosovo-Besuch ist der Auftakt für Jungs Reisen zur Truppe ins Ausland. In den ersten beiden Wochen nach seinem Amtsantritt am 22. November hat er ein großes Reise-Programm auch zu den Bündnispartnern auf die Beine gestellt. Er war bereits zum Antrittsbesuch in Paris. An diesem Dienstag folgt das erste Treffen mit seinem britischen Amtskollegen. Und noch vor Weihnachten soll eine größere Tour unter anderem nach Washington gestartet werden.
Große Ergebnisse waren von Jungs Kosovo-Besuch nicht erwartet worden. Den Grund seiner Reise formuliert der neue Minister, der bisher CDU-Landtagsfraktionschef in Hessen war, schlicht so: »Ich bin hier, um mich zu informieren und meine Verbundenheit mit den Soldaten zu zeigen.«

Artikel vom 06.12.2005