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RWE gerät unter Druck

Politiker fordern rasche Aufklärung

Dortmund (dpa). Hätten die Stromausfälle im Münsterland gemindert oder gar verhindert werden können? Der Energiekonzern RWE soll Antwort auf diese Frage geben.
Fordert Bericht: NRW-Ministerin Christa Thoben.

NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben forderte Aufklärung über Zahl und Standort gefährdeter Masten, den Gefährdungsgrad sowie Termine für anstehende Sanierungsmaßnahmen. »Alle Beteiligten brauchen jetzt schnell Klarheit über die tatsächliche Lage«, sagte die Ministerin. RWE sei daher aufgefordert, »unverzüglich, umfassend, präzise und chronologisch exakt« zu den Sicherheitsvorwürfen Stellung zu nehmen.
Der Düsseldorfer Landtag wird sich Donnerstag und Freitag in Sondersitzungen mit dem Schneechaos befassen. Der Bundesminister für Wirtschaft, Michael Glos, kündigte als Konsequenz aus den Stromausfällen Untersuchungen bei deutschen Energieunternehmen an. Er erwarte einen »Bericht über den Zustand der Netze«.
Im Münsterland waren am vorvergangenen Wochenende etwa 50 Strommasten unter der Schneelast umgeknickt. Bis zu 250000 Menschen waren anschließend tagelang ohne Strom und Heizung.
Das Amtsgericht Steinfurt hat einen Gutachter eingesetzt. Zuvor hatte ein Landwirt aus Ochtrup ein selbstständiges Beweisverfahren gegen die RWE AG beantragt, teilte das Landgericht Münster mit. Damit könne eine Partei auch schon vor Klageerhebung die Sicherung von Beweisen beantragen, wenn zu befürchten sei, dass die Beweise sonst verloren gehen. Das Landgericht erklärte, durch das Gutachten solle geklärt werden, ob die umgestürzten Masten der RWE-Stromleitung zwischen Gronau und Metelen den Stabilitätsanforderungen entsprachen oder ob Materialermüdungen vorlagen. Der Landwirt habe seinen Schaden durch Stromausfälle mit 2000 Euro beziffert.
RWE hatte wiederholt alle Vorwürfe zurückgewiesen. Seit 2001 laufe ein 550 Millionen Euro teures Programm zur Mastsanierung. Wie berichtet war zuvor bekannt geworden, dass der für Hochspannungsmasten in Europa oft verwendete so genannte Thomasstahl spröde werden könnte. Etwa 70 Prozent der 2900 Masten der sanierungsbedürftigsten Kategorie seien bereits ausgetauscht oder erneuert worden. Auch an Masten der anderen Kategorien werde bereits gearbeitet. Bis 2015 sollen alle 28000 Masten, die aus Thomasstahl gefertigt wurden, saniert sein. Das sind etwa zwei Drittel aller Strommasten des größten deutschen Stromnetzbetreibers. Nach einem Bericht des Magazins »Spiegel« soll RWE seit Jahren von Mängeln am Hochspannungsnetz gewusst haben.
Die Verbraucher zahlten jährlich 18 Milliarden Euro für die Netze, sagte der Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher, Aribert Peters. Davon würden aber nur zwei Milliarden in die Anlagen investiert.

Artikel vom 06.12.2005