05.12.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Stoiber erhält Trost und
Zuspruch von höchster Stelle

60. Geburtstag der CSU - breiter Frust an der Basis

München (dpa). Ein Versöhnungsfest soll der 60. Geburtstag der CSU werden. Eine warme und menschliche Familienfeier hat Generalsekretär Markus Söder für den Samstagabend auf dem Münchner Nockherberg geplant - »ein Stück Heimat«.

Versöhnt werden sollen die Partei und ihr Chef Edmund Stoiber, der die CSU mit seinem Rückzieher aus Berlin in eine Depression stürzte.
Doch Eisregen über Bayern macht den Veranstaltern einen dicken Strich durch die Rechnung. Manche der angemeldeten fast 1000 Gäste sind wegen des widrigen Wetters erst gar nicht gekommen. Und in der großen Gaststätte machen viele CSU-ler durch frostige Zurückhaltung deutlich, was sie von Stoiber halten.
Trost und Zuspruch erhält der bayerische Ministerpräsident von höchster Stelle. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CSU) betont ausdrücklich, dass sie »einem Mann ganz besonders danken« wolle: Stoiber. Merkel schwor die Unionsparteien auf einen geschlossenen Kurs in der großen Koalition mit der SPD ein. Die Zusammenarbeit der Unionsparteien habe immer ausgezeichnet, dass auch in schwierigsten Situationen eine Lösung gefunden worden sei.
Zuspruch erhält Stoiber auch von den Kollegen in der eigenen Parteispitze: »Die CSU ist mit sich im Reinen«, sagt am Rande der Veranstaltung CSU-Vize Horst Seehofer, der Stoiber sein neues Amt als Landwirtschaftsminister zu verdanken hat. »Stoiber ist unangefochten.« CSU-Landtagsfraktionschef Joachim Herrmann meint, die Feier tue der innerparteilichen Stimmung gut. Stoiber habe die Kritik gut aufgegriffen. »Die Gespräche laufen gut«, sagt Herrmann.
Viele Gäste sehen das anders: CDU-Chefin Merkel wird mit herzlichem Beifall begrüßt. Als Stoiber spricht, herrscht dagegen zeitweise eisiges Schweigen im Saal. Die CSU-Landesleitung unter Generalsekretär Söder hat die Veranstaltung bewusst heimelig gestaltet: Bier und Brezen, weiß-blaue Luftballons anstelle des in den vergangenen Jahren üblichen kühlen High-Tech-Designs auf CSU-Veranstaltungen. Und Stoiber selbst spricht nicht von unangenehmen Reformen, sondern von wärmenden christlichen Werten. »Als Menschen sind wir vor Fehlern nicht gefeit«, entschuldigt er sich indirekt. »Das gilt auch für mich.«
Nach dem Ende der von mattem Beifall begleiteten Rede erhebt sich zwar ein Drittel der Gäste, um Stoiber stehend zu applaudieren - doch die anderen zwei Drittel bleiben demonstrativ sitzen. »Das Unwohlsein der Partei ist getragen von einem breiten Frust an der Basis«, spottet ein CSU-Landtags-abgeordneter. Die Gäste bilden mit ihrem verhaltenen Beifall die Stimmung in ganz Bayern ab: Zwei Drittel der Befragten antworteten in einer Infratest Dimap-Umfrage erst kürzlich, sie wünschten sich bei der Landtagswahl 2008 keine weitere Kandidatur Stoibers als Ministerpräsident.

Artikel vom 05.12.2005