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Rangnick will das
zweite Wunder

Schalkes Finale heute in Mailand

Gelsenkirchen (WB/dis). »Damals haben wir das Wunder geschafft, warum soll uns das nicht ein zweites Mal gelingen?« Obwohl der Trainer beim größten Erfolg der Schalker Vereinsgeschichte 1997 Huub Stevens und nicht Ralf Rangnick hieß und von den Europapokalsiegern kein einziger mehr für S04 am Ball ist, beschwört Rangnick vor dem Champions-League-Finale heute, 20.45 Uhr, im Giuseppe-Meazza-Stadion den Geist von Mailand.

Dass damals, am 21. Mai 1997, das Finale ein echtes Finale war und nicht wie heute bloß ein Finale der Gruppenphase, und dass der heutige Gegner AC und nicht Inter mit Vornamen heißt, interessiert Rangnick nur am Rande. Ebenso wie die Tatsache, dass es sich um einen ganz anderen Wettbewerb handelt. Nur das Stadion, das ist damals wie heute das Meazza, besser bekannt als San Siro (wie der gleichnamige Stadtteil), eine Kultstätte des Fußballs. Hier stürzten die Knappen anno 97 im Elfmeterschießen den großen Favoriten Inter und gewannen überraschend den UEFA-Pokal.
Dieses Mal wollen sie ins Achtelfinale der Champions-League. Der Partie heute eine ähnliche Bedeutung beizumessen wäre ein wenig vermessen. Doch dass es für die Gelsenkirchener mehr ist als ein gewöhnliches Europapokalspiel, betonen sie alle. »Das ist das Endspiel für uns, da hängt extrem viel dran für den Verein«, formulierte Fabian Ernst just nachdem ihm mit Schalke in der Liga das 1:0 in Bielefeld gelungen war. Wer mag es Ernst ernsthaft krumm nehmen, dass keine 45 Minuten nach dem Sieg bei Arminia seine Gedanken schon beim AC Milan waren?
Schließlich ist die Ausgangslage vor dem sechsten und letzten Gruppenspiel im leicht verschneiten Mailand so brisant, dass von Platz eins bis drei für Schalke alles möglich ist. Immerhin: Sollte Gelsenkirchen wirklich noch vom PSV Eindhoven (spielt zeitgleich gegen Fenerbahce Istanbul) überholt werden, wäre den Knappen der Trostpreis, die Teilnahme am UEFA-Pokal, dennoch sicher. Sollte Rangnicks Truppe allerdings tatsächlich das zweite Wunder von Mailand gelingen, zöge Schalke als Gruppensieger ins Achtelfinale ein. Ein Unentschieden genügt dann zum Weiterkommen, wenn a) Eindhoven gegen Fenerbahce nicht gewinnt, oder b) Schalke mindestens 3:3 spielt. Dann wäre der Bundesligavierte sogar Gruppenerster. Denn in der Champions-League gilt: Der direkte Vergleich zählt mehr als das Torverhältnis (Milan +5, Schalke +4). Weil das Hinspiel in der Arena 2:2 endete, würde jedes mehr erzielte Auswärtstor bei einem Remis Platz eins bedeuten.
Fabian Ernst hat für derartige Rechenspiele überhaupt nichts übrig. »Mit Eindhoven beschäftigen wir uns nicht«, versicherte der Mittelfeldspieler, der in Bielefeld zu den besten Schalkern gehörte, vom Mailänder Starensemble (Zweiter in Italien, zuletzt 1:2 gegen Chievo Verona) aber ganz anders gefordert werden wird. Immerhin sieht sein Trainer im AC Milan die Topmannschaft in Europa. »Diese Partie ist eine Riesenherausforderung. Und eine Riesenchance«, betonte Rangnick. Und Wunder, das weiß spätestens seit Katja Ebsteins Schlager auch er, gibt es immer wieder.

Artikel vom 06.12.2005