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Werner Schneyder

»Politiker rechnen so sehr mit der Stimme des Wählers, dass sie sie gar nicht hören.«

Leitartikel
Rumoren in der Union




Irgendwo ist
immer
Wahlkampf...


Von Rolf Dressler
Es ist, als wolle so mancher im Führungspersonal der deutschen Politik gar nicht wirklich etwas da- zulernen. Vor allem namhafte Landesfürsten - pardon: Ministerpräsidenten - greifen schon wieder munter in die Tasten des verstimmten Hammerklaviers.
Und das offenbar ohne Rücksicht auf Glaubwürdigkeitsverlu- ste, man muss ja schon wieder um die Stimmen der Bürger buhlen. Schließlich wird im nächsten Jahr in gleich fünf Bundesländern über die Neubesetzung der dortigen Parlamente entschieden. In Deutschland wird bekanntlich immer irgendwo gewählt.
Deshalb dienten sich diverse Funktionsträger namentlich der CDU der Wochenendpresse nach bewährtem Muster gleich reihenweise zu diesbezüglichen Interview-Erklärungen an.
Samstags und sonntags möchte man besonders gern vernehmlich »ins Blatt« bzw. auf Sendung.
Es fragt sich nur, ob dieses Kal- kül aufgeht. Denn wohlfeile Sonntagsreden verpuffen im nüchternen Alltag sehr häufig schon bin- nen kurzem. Und es bleibt ein Geheimnis, weshalb selbst Polit-Profis auch jetzt wieder der Versuchung erliegen und ihren parteieigenen Widerstreit erneut vorschnell in die Medien ausstreuen.
Weitaus zuträglicher wäre es, die grundlegenden Vorstellungen zunächst seriös hinter verschlossenen Türen zu ordnen und zu diskutieren, um erst danach mit überzeugenden Vorschlägen an die Öffentlichkeit zu treten.
Letzteres wäre eine ganz neue, durchaus positive Erfahrung für die Bürger - und übrigens auch eine zwar ungewohnte, aber heilsame für viele, gelegentlich allzu forsche Medienmacher.
Doch diese Erkenntnis hilft, wie man unschwer sieht, nur wenig. Im Gegenteil: Überall dort, wo für 2006 Landtagswahlen »heraufdrohen«, tuten die betreffenden Damen und Herren Vor-Vor-Vorwahlkämpfer schon in der Adventszeit 2005 ins altgewohnte Horn.
Während die Großkoalitionäre von Union und SPD in Berlin sich wohltuend unaufgeregt und sachbezogen engagiert an die Arbeit machen, wollen die CDU-Regierungschefs in Stuttgart, Saarbrücken, und Düsseldorf eine Generaldebatte über alles, was für die CDU schiefgelaufen sei im Bundestagswahlkampf 2005.
Dasselbe verlangen in breiter Front viele andere Unions-Vertreter - von Christoph Böhr und Wolfgang Bosbach bis zu Karl-Josef Laumann und CSU-»General« Markus Söder.
Nur, sollten Wahlkampfstrategien und vor allem das Grundsätzliche, das zukunftsweisende Politisch-Programmatische abermals derart unsortiert auf dem offenen Markt ausgetragen werden? Und: Liegen die Gründe für das mäßige Abschneiden von CDU und CSU nicht längst klar zutage? Was also können quälend lange Debatten da noch an Erhellendem bringen?
Am Ende stören sie die frisch begonnene Arbeit der Regierungskoalition unter Führung der CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel - und nützen womöglich den Landtagswahlkämpfern der Unions-Konkurrenten.

Artikel vom 05.12.2005