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Schülerin auf
der Anklagebank

Lehrer beleidigt - Prozess im Januar

Von Dietmar Kemper
Detmold/Lemgo (WB). Weil die 17-jährige Jacqueline aus Lemgo ihren Lehrer beleidigt haben soll, muss sie sich am 13. Januar vor der Jugendstrafkammer des Amtsgerichts verantworten.

Geklagt hat der 45-jährige Achim J., der das Mädchen an der Anne-Frank-Schule in Lemgo unterrichtete. Mit den Worten »Sie sind doch nicht richtig im Hirn« soll Jacqueline den Lehrer beleidigt haben, sagte gestern der Detmolder Oberstaatsanwalt Dieter Varnholt dieser Zeitung. Es handele sich juristisch um die Kundgabe der Nichtachtung und Missachtung. Dass ein Lehrer Strafantrag stelle, sei selten: »Meistens werden solche Vorfälle schulintern geregelt.«
Bei der Anne-Frank-Schule handelt es sich um eine Fördereinrichtung für 125 lernschwache Jungen und Mädchen. Mit dem Lehrer sei sie »nicht klar« gekommen, mit ihm wiederholt in Streit geraten und darüber krank geworden, erzählte Jacqueline. Einmal habe der Lehrer den Entschuldigungsbrief der Mutter für das Fehlbleiben des Mädchens nicht akzeptiert, die Schülerin aus dem Klassenzimmer geschubst und ihr die Teilnahme an einer Klassenfahrt untersagt. Daraufhin forderten die Eltern 1000 Euro Schmerzensgeld und stellten Dienstaufsichtsbeschwerde. Allerdings vergeblich - das Verfahren wurde eingestellt.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) begrüßt, dass der Lehrer die Beleidigung nicht auf sich sitzen lässt. »Der Gang vor Gericht ist die richtige Konsequenz, um Grenzen aufzuzeigen«, sagte die GEW-Vorsitzende für Ostwestfalen-Lippe, Susanne Unger, dieser Zeitung. Die Zahl der Beleidigungen, Sachbeschädigung und tätlichen Angriffen nehme vor allem an Hauptschulen zu: »Lehrer melden uns viel mehr Fälle als früher.« Die GEW habe bei der Bezirksregierung Detmold erreicht, dass Kollegen Schäden an Autos oder Kleidung ersetzt bekommen, wenn sie den Zusammenhang zwischen dem Streit mit Schülern und der Beschädigung glaubhaft machen.

Artikel vom 02.12.2005