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2695 Siege als Jockey und Coach

Galopper-Legende Bollow wird 85

Köln (dpa). Hein Bollow, die lebende Legende des deutschen Galopprennsports, wird am Montag 85 Jahre alt.
Bollows Name ist Synonym für eine Sportart, der einstige Jockey und Trainer ist unvermindert eine der populärsten Persönlichkeiten des Turfs. Bollow verfolgt das Geschehen nach wie vor akribisch, lässt keinen Kölner Renntag aus und reist auch noch regelmäßig zu den großen Meetings nach Baden-Baden und Hamburg.
Der Jubilar ist seit Jahren Inhaber eines einzigartigen Rekords im Turf. Kein lebender Aktiver außer ihm hat als Jockey und später auch als Trainer mehr als 1000 Rennen gewonnen. 1034 Siege hat Bollow im Sattel erreicht, vom ersten Sieg am 6. Juni 1938 mit dem Galopper Juist in Halle/Saale bis zum Ende der einzigartigen Karriere 1963. Nicht weniger als 13 Jockey-Championate und vier Siege im Deutschen Derby, ausgetragen in seiner Heimatstadt Hamburg, sind die Highlights der Karriere des Jockeys Bollow.
1953 mit Allasch, 1954 am Tag des Fußball-WM-Finales Deutschland - Ungarn mit Kaliber, 1956 mit Kilometer und 1962 mit Herero triumphierte Bollow im Rennen um das Blaue Band. Am 10. November 1963 ritt er seinen letzten Sieger. Nur rund vier Monate später stand der Trainer Bollow erstmals im Rampenlicht, 1661 Siege verbuchte er nach dem Wechsel in den Trainerberuf. 1974 gelang ihm mit Marduk der einzige Sieg als Trainer im Deutschen Derby. 1965 verbuchte er, damals mit seinem Freund und Kollegen Heinz Jentzsch, ein Trainer-Championat.
Am 18. Dezember 1988 hörte Bollow auf. Ein Sieg war ihm mit seinem letzten Start als Trainer nicht vergönnt, der hohe Favorit Oldtimer wurde nur Zweiter. Bollow, immer ein Mann des Volkes in diesem Sport, entschuldigte sich beim Publikum, dass es nicht geklappt hat: »Sie sind mir hoffentlich nicht böse?« - keiner konnte ihm, dem Trainer zum Anfassen, an jenem Tag böse sein. Mit Kondor hatte er in seinem Abschiedsjahr noch einmal eines der wichtigsten Rennen gewonnen, den Preis von Europa in Köln. Die Rennbahn dort stand Kopf, als Bollow das Pferd und Jockey Peter Remmert als Sieger vom Geläuf abholte.
Seit seinem Abschied lebt der Träger des Bundesverdienstkreuzes als Pensionär in Köln. Auf den Hippodromen ist der kleine große Mann populär wie eh und je, ein immer begehrter Gesprächspartner. »Pferde sind mein Leben«, sagt Bollow.
Als Züchter kam er vor wenigen Wochen noch einmal groß ins Rampenlicht, als der von ihm gezogene Hengst Backbord das italienische St. Leger gewann. Bollow verfolgt alle Rennen des Turfs akribisch, entweder live oder im TV, und hat nach jedem Rennen die Analyse parat.
Seine Frau Margot, mit der er seit 1943 verheiratet war und die vor sechs Jahren gestorben ist, hat Bollows Liebe zum Pferd einmal plastisch beschrieben: »Ins Theater oder in die Oper bekommt man den Hein nur, wenn auf der Bühne ein Pferd angebunden ist.«

Artikel vom 03.12.2005