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Regierungserklärung

Mehr wagen - mit Merkel


Überraschung: Angela Merkel hat gestern ihre erste große Regierungserklärung abgeben - ohne Bezug auf Konrad Adenauer, Helmut Kohl oder gar Kurt Georg Kiesinger. Stattdessen stellte sich die CDU-Vorsitzenden auch in die Tradition Willy Brandts, der aus einer großen Koalition eine eigene Mehrheit schuf.
»Mehr Freiheit wagen« will die Ostdeutsche, die als 15-Jährige den ersten DDR-Besuch dieses Bonner Kanzlers mit einem ganz besonderen Gespür beobachtet haben mag. Auch SPD-Chef Matthias Platzeck hatte bei seiner Wahl von stillen Spaziergängen über die Glienecker Brücke sehr authentisch berichtet. In Merkels Rede wurde der neue deutsche Gesprächsfaden fortgesponnen. Die Berliner Republik könnte durch die große Koalition erst wirklich gesamtdeutsch und im besten Sinne vollendet werden. Selbst der Enkel-Begriff muss jetzt womöglich neu interpretiert werden.
Merkel hat besser als die Sozialdemokraten verstanden, dass Freiheit nicht einfach Marktradikalismus bedeutet. Vielmehr will Merkel, wie Willy Brandt, im besten Sinne mehr wagen. Nach »Demokratie«, heißt die neue Zielvorgabe »Freiheit«. Sie zu bewahren, lohnt die wirtschaftlichen Voraussetzungen zu retten.Reinhard Brockmann

Artikel vom 01.12.2005