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Lockerer Antritt bleibt aus

Verschleppung überschattet Steinmeiers USA-Besuch

Washington (dpa). Überschattet von der Entführung der deutschen Helferin im Irak hat Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Dienstag in Washington seinen Antrittsbesuch in den USA fortgesetzt.Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier mit US-Außenministerin Condoleezza Rice.

Vor seinem Treffen mit US-Außenministerin Condoleezza Rice verurteilte er die Tat aufs Schärfste. Die Bundesregierung werde alles in ihrer Macht stehende tun, um die Unversehrtheit und Gesundheit der Deutschen und des irakischen Fahrers zu wahren. »Wir werden mit Vorsicht und Umsicht vorgehen«, versicherte er.
Steinmeier appellierte an die Täter, die Geiseln schnellstmöglich freizulassen. Er lasse sich laufend unterrichten und habe in der Nacht mit Kanzlerin Angela Merkel telefoniert. Ihre Geiselnehmer fordern nach einem der ARD zugespielten Video, dass Deutschland seine Zusammenarbeit mit dem Irak beendet. Unmittelbar nach Bekanntwerden wurde ein Krisenstab eingerichtet.
Deutschland ist nicht mit Soldaten im Irak vertreten, hat dem Land aber im Rahmen des Pariser Clubs 80 Prozent seiner bilateralen Schulden erlassen, was einer Summe von 4,7 Milliarden Euro entspricht. Zudem bildet Deutschland in den benachbarten Vereinigten Arabischen Emiraten irakische Polizei- und Sicherheitskräfte aus.
Steinmeier kam am Vormittag (Ortszeit) mit US-Vize-Außenminister Robert Zoellick zusammen und dann mit US-Außenministerin Condoleezza Rice. Sie sagte hat Steinmeier Aufklärung über angebliche Flüge des US-Geheimdienstes CIA zu. Nach dem gut einstündigen Meinungsaustausch sagte Steinmeier, die Besorgnis der europäischen Öffentlichkeit und der Parlamente wegen angeblicher Flüge auch im deutschen Luftraum werde in der US- Hauptstadt verstanden. Dem könne man nur durch Aufklärung Rechnung tragen. Rice habe dies zugesagt.
Berichte, wonach die CIA mit Tarnflügen über Europa Terrorverdächtige in mutmaßliche Verhörgefängnisse gebracht haben soll, hatten in Deutschland für Irritationen gesorgt. Steinmeier sagte, er rechne mit einer ausführlichen Antwort auf einen Brief des britischen Außenministers Jack Straw dazu. Großbritannien hat derzeit die Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union inne.
Rice habe überdies versichert, so Steinmeier, dass alle Bemühungen der USA im Kampf gegen den Terrorismus im Einklang mit dem amerikanischen und dem Völkerrecht stünden. Die Flughäfen Berlin, Hamburg, Nürnberg und Egelsbach bei Darmstadt haben nach eigenen Angaben keine Erkenntnisse über geheime CIA-Flüge. Übereinstimmend erklärten sie gestern, ihnen seien keine Unregelmäßigkeiten bekannt.
Eine Sprecherin der Berliner Flughafengesellschaft sagte, sämtliche Maschinen, die in Hauptstadt starten oder landen, würden angemeldet. Es könne aber nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob die Deklaration in jedem Fall stimme. Medienberichten zufolge sollen 2002 bis 2004 zahlreiche Flüge stattgefunden haben.

Artikel vom 30.11.2005