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Finanzämter prüfen Konten

Steuersündern stärker auf der Spur

München (dpa). Zur Kontrolle von Steuererklärungen haben die Finanzämter die seit April mögliche Kontenabfrage bei den Banken bereits in mehr als 7000 Fällen genutzt.

Das haben Vertreter des Bundesfinanzministeriums gestern vor dem Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem Steuerprozess zur so genannten Spekulationssteuer auf Wertpapierverkäufe mitgeteilt. In den kommenden Monaten wolle man die Kontrollen auf eine Zahl »im vierstelligen Bereich täglich« erhöhen. Der Beschluss zum künftigen Mengengerüst solle im Dezember ergehen.
Bisher seien die Banken zum Teil aber noch Bremser. Sie müssten in die nötige Hard- und Software für rasche Online-Abfragen 100 bis 150 Millionen Euro investieren. Die Kreditinstitute würden dies aber noch »auf Sparflamme« verfolgen, weil die Hauptsache-Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Kontenabfrage noch ausstehe. Die Karlsruher Richter hatten in einem Eilbeschluss im März dieses Jahres allerdings vorerst grünes Licht für den Behördenzugriff auf Kontodaten gegeben, der durch das »Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit« eingeführt worden war.
Allein die Entwicklung der EDV-technischen Voraussetzungen für die Online-Kontenabfrage habe fast ein Jahr gedauert, erläuterten die Vertreter des Ministeriums. Die Software und die Server müssten so ausgelegt sein, dass sie die riesigen Datenmengen in den 13 großen Rechenzentren der Banken mit zusammen 650 Millionen Konten rasch durchsuchen könnten. Zur Enttarnung von Steuersündern setzen die Finanzbehörden große Hoffnungen auf die Kontenabfrage. So seien im dritten Quartal 2005 allein in Rheinland-Pfalz bei jeder zweiten von 102 Kontenabfragen unbekannte Konten und Depots festgestellt worden, was zu zusätzlichen Steuerforderungen geführt habe.
In der Verhandlung erörterte der IX. BFH-Senat die Klage eines Bürgers aus Rheinland-Pfalz. Er will die Gewinnbesteuerung für die von ihm angegebenen Aktienverkäufe im Jahr 1999 nicht akzeptieren. Nach Auffassung des Klägers verstößt die Steuerforderung gegen den Verfassungsgrundsatz der Gleichbehandlung aller Bürger, weil nur der Steuerehrliche zur Kasse gebeten werde. Die Vertreter des Bundesfinanzministeriums sahen keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Steuerpraxis für das Jahr 1999, weil es seither eine Reihe von Rechtsänderungen gegeben habe. Der BFH will seine Entscheidung den Beteiligten schriftlich mitteilen, ein Termin dafür steht nicht fest.

Artikel vom 30.11.2005