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T-Online in der Warteschleife

Richterin stützt Position der Kleinaktionäre gegen die Deutsche Telekom

Darmstadt (Reuters). Die Deutsche Telekom kann ihre Internettochter T-Online vorerst nicht wieder unter das Konzerndach zurückholen. Das Landgericht Darmstadt wies gestern die Klage von T-Online auf Sofortvollzug zurück.

Zunächst müsse über die Einwände von Kleinaktionären entschieden werden, urteilte das Gericht. T-Online kündigte gegen die Entscheidung Beschwerde beim Oberlandesgericht Frankfurt an. Dieser Schritt muss noch vom Aufsichtsrat abgesegnet werden.
Die Aktien von Europas größtem Internetanbieter T-Online legten nach der Gerichtsentscheidung sofort um sechs Prozent auf knapp 8,70 Euro zu, weil Anleger bereits auf eine höhere Abfindung spekulierten. Telekom-Vorstandschef Kai-Uwe Ricke hatte ursprünglich gehofft, die im April beschlossene Verschmelzung bereits bis zum Jahresende zu vollziehen.
Mit einer engen Bindung von T-Online an die Festnetztochter T-Com will Telekom Kosten sparen und den Verkauf von DSL-Breitband-Anschlüssen forcieren. Die Darmstädter Zivilkammer für Handelssachen stützte dagegen die Interessen von 30 T-Online-Aktionären und zwei Fonds. Ihre Klagen seien keineswegs von vornherein unbegründet und unzulässig, wie T-Online argumentiere, sagte die Vorsitzende Richterin Ursula Emmenthal. Über die Einwände wird voraussichtlich erstmals im kommenden Februar beraten.
»Die Entscheidung ist für uns ein glatter Etappensieg«, sagte Rechtsanwalt Peter Dreier von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), die die Interessen der Kläger vertritt. Dieselbe Kammer sei auch im Hauptsache-Verfahren zuständig.
Die Telekom verfügt über gut 90 Prozent an T-Online. Viele der verbliebenen eine Million Aktionäre, darunter vor allem Kleinanleger, fühlen sich durch das Umtauschangebot von nur 8,99 Euro je Aktie benachteiligt. Denn beim Börsengang vor fünf Jahren kostete die T-Online-Aktie noch 27 Euro. Die Klagen werden mit Formfehlern bei der Verschmelzung sowie einem Verstoß gegen die Treuepflicht begründet. Die Kläger argumentieren, die Telekom habe den Börsengang von T-Online von vornherein nur geplant, um sie später zu einem niedrigen Preis zurückzuholen.

Artikel vom 30.11.2005