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Oratorium
vermittelt Ruhe
und Innigkeit

Kantorei überzeugt auf ganzer Linie

Brackwede (gal). Schnee auf den Straßen, die Düfte vom Weihnachtsmarkt vor der Kirche, erwartungsfrohe Gesichter in der überfüllten Bartholomäuskirche - dies alles stimmte ein auf den festlichen Beginn der Vorweihnachtszeit.

Die Brackweder Kantorei unter der Leitung von Walter Haverkamp bereitete mit dem »Weihnachtsoratorium, Teil 1 bis 3« von Johann Sebastian Bach seinen Zuhörern einen Hörgenuss. »Wenn ich die strahlenden Trompetenklänge höre, hat für mich Weihnachten begonnen«, lautete der Kommentar einer Besucherin, und so wird es vielen Zuhörern in der Kirche gegangen sein, als der im ruhigen Tempo genommene »Jauchzet, frohlocket«-Chor etwas pompös, aber sehr klangprächtig vom Trompetenchor (Andreas Stickel, Christian Beyer, Gustav-Adolf Lent) und Pauke (Christian Mika) angeführt, den Gang durch die Weihnachtsgeschichte eröffnete.
Hier bereits überzeugte der durch Haverkamp blendend vorbereitete verstärkte Chor durch gute Sprech- und Gesangskultur und einen homogenen Klang, was sich vor allem in den gefürchteten »Ehre«- und »Lasset uns nun gehen«-Chören mit ihren schwierigen Koloraturen zeigte. Auch hier war die ruhige Tempo-Gestaltung hilfreich und ließ besonders die Choräle in reiner Vielstimmigkeit erglänzen - einige interpretatorisch vertretbare rhythmische Rückungen eingeschlossen.
»Euer Lallen war gar nicht matt« (ein Zitat aus dem »Herrscher des Himmels«-Chor) - so eine Zuhörerin - kennzeichnete die ausgezeichnete Leistung der Brackweder Kantorei, die auch das durch Berufsmusiker verstärkte Kantoreiorchester bot. Der Kantor verstand es, sein musikalisches Konzept dem Orchester zu vermitteln und umzusetzen, so dass eine gültige Gesamtaussage zustande kam, was die These erhärtet, dass nicht nur »eingekaufte Berufsorchester« Kirchenmusik gültig darbieten können.
Bei den Gesangssolisten ist besonders Petra von Laer (Alt) zu nennen, die in ihren drei Arien, die eher Liebesliedern gleichen, in überzeugender Manier Innigkeit, Wärme und große Ruhe dank einer idealen Stimmführung ausbreitete. Im Zusammenspiel mit dem versierten Konzertmeister Burkhard Müller (Violine) wurde die »Schließe mein Herz«-Arie zur Offenbarung. Trompetenglanz des souveränen Solisten Andreas Stickel von den Bielefelder Philharmonikern umspielte die potente Bassstimme von Volker Schrewe in der berühmten »Königsarie«, der seinen Part mit großer Klangfülle und Geläufigkeit ausstattete, während Stickel mit verblüffender Tonpräsenz und Sicherheit aufwartete.
Anne Eisenhauer-Biermann setzte ihre klare Sopranstimme im Duett mit Volker Schrewe in gewohnt zuverlässig gestaltender Manier ein. Dirk Mestmacher (Tenor) überzeugte in seinem Evangelisten-Part durch eine innerlich gereifte, klare Aussagekraft, verbunden mit schöner Stimmgebung, und in der gefürchteten »Hirten-Arie« mit geschmeidiger Geläufigkeit. Hierbei assistierte ihm die ausgezeichnete Soloflöte von Tim Henning Lüttge, und eine äußerst solide - leider räumlich getrennte Continuo-Gruppe mit Daniel Haverkamp (Cello), Ingo Otte (Kontrabass), R. Höner zu Siederdissen (Fagott) und Matthias Biermann (Orgel). Ein besonderes Lob gilt dem Oboen-Quartett mit Takeshi Suzuki, H. Vollmer, Nicolas Wallach und Ilka Kosel, das durch Tonreinheit und homogenes Zusammenspiel vor allem in der »Hirtenmusik« bestach, wenn auch hier die räumliche Trennung vom Orchester problematisch war.
Für die Gesamtleistung aller Beteiligten gab es nicht enden wollenden Beifall, Blumen für die Solisten und die Wiederholung eines Chores als Zugabe.

Artikel vom 29.11.2005