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Max Grashof ist der Schriftsteller und Puppenspieler Leonhard Frank.

Welt-Theater vom Drehstuhl aus

Premiere »3 von 5 Millionen«: eine kleine Bühne, aber kein kleines Stück


Bielefeld (bp). Es wird in der kleinsten Spielstätte des Theater Bielefeld gespielt, dem TAMzwei (Theater am Alten Markt), sei aber, so betont Dramaturg Uwe Bautz, »kein kleines Stück«. »3 von 5 Millionen« von Fritz Kater (eigentlich: Armin Petras) hat am Freitag, 2. Dezember, 20 Uhr, Premiere.
Es ist ein Stück über Arbeitslosigkeit, ein Ost-West-Stück, ein Stück über eine (auseinander brechende) Freundschaft, ein Road»movie«. Nach einem fast vergessenen Roman von Leonhard Frank aus der Zeit der großen Depression der 1930er Jahre hat Kater eine Geschichte über die Desperados von heute geschrieben: Sebi, Dirk und Martin (Andreas Hilscher, Mathias Reiter, John Wesley Zielmann), drei junge Leute ohne Arbeit, die ihren Platz in der Welt suchen. In der Inszenierung von Alexander Hawemann tritt auch Schriftsteller Leonhard Frank (Max Grashof) auf - als Puppenspieler, der die Odyssee von drei Arbeitslosen vor 70 Jahren nacherzählt. Die drei Akteure im Heute wollen in einer einzigen Nacht noch einmal ihre Jugend aufleben lassen - und entdecken dabei doch nur Versagen, Einsamkeit, Fremdheit. Und am Ende wird es blutig. . .
Hawemann und Ausstatterin Lina Antje Gühne möchten zeigen, wie ein Leben ohne Arbeit die Menschen betrifft - und deshalb sollen auch die Zuschauer quasi mitten zwischen den Schauspielern sitzen, sich, auf Drehstühlen platziert, ihre eigene Inszenierung schaffen. Dabei wechselt auch der Text nach Shakespeare'scher Manier zwischen Dialogen, Erzählungen, die sich direkt an die Zuschauer richten, Erläuterung von Schauplätzen hin und her. Der Regisseur: »Es wird eine Geschichte erfunden und im selben Augenblick auch erlebt.«
Er habe kein »vordergründiges Sozialdrama« in Szene setzen wollen. »3 von 5 Millionen« zeige aber, dass, so ergänzt Uwe Bautz, Arbeitslosigkeit früher Existenzkrise und Kampf ums nackte Überleben bedeutet habe, heute vor allem aber Sinnkrise: »Niemand muss mehr verhungern, aber die Probleme werden deshalb nicht geringer.« Die Geschichte werde »rasant erzählt, mit schnellen Situation- und Bildwechseln«. Bautz: »Es ist viel los und es ist keine gemütliche Geschichte.«

Artikel vom 01.12.2005