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Das neue Gesicht
der Mutter Courage

Carmen-Maja Antoni im Brecht-Stück gefeiert

Gab eine eigene Note: Carmen-Maja Antoni.

Berlin (dpa). Es war der Abend von Carmen-Maja Antoni. Mit Bravorufen, Blumensträußen und einem wahren Beifallssturm feierte das Premierenpublikum im Berliner Ensemble die 60-jährige Schauspielerin am Samstag für die Darstellung als »Mutter Courage und ihre Kinder«. Intendant Claus Peymann hat das legendäre Stück von Bertolt Brecht wieder auf die Bühne des einstigen Brecht-Theaters gebracht. Dabei gibt die seit 30 Jahren zum Ensemble gehörende Antoni, die unter Peymanns Regie seit drei Jahren schon in dem Brecht-Stück »Die Mutter« in der Titelrolle brilliert, der Figur eine ganz eigene Note.
Brechts Lebensgefährtin Helene Weigel setzte in der 1949 unter der Regie des Schriftstellers herausgekommenen deutschen Erstaufführung des Stückes ganz auf Härte. Gisela May rückte 1978 vor allem die Mütterlichkeit in den Mittelpunkt. Antoni gibt der am Krieg verdienenden und dabei erst ihre Kinder und dann sich selbst verlierenden Marketenderin eine faszinierende, jede vorschnelle und damit bequeme Verurteilung der Figur unmöglich machende Vielfalt.
Antoni zeichnet sowohl die knallharte, allein am Profit interessierte Geschäftsfrau, wie auch das sich ständig sorgende Muttertier. Sie zeigt eine jugendlich anmutende Erotik und prallen Witz. Die Vielfalt der Charakterzeichnung garantiert, dass die Aufführung nie in vordergründige Schwarz-Weiß-Zeichnung abgleitet und sorgt für eine mit widerstreitenden Gefühlen aufgeladene Spannung. Diese »Mutter Courage« ist ganz heutig eine Frau, die in einer feindlichen Umwelt ums Überleben kämpft und dabei das Maß für die Menschlichkeit verliert.

Artikel vom 28.11.2005