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Berlin will Aufklärung über geheime CIA-Flüge

Außenminister Steinmeier zum Antrittsbesuch in die USA

Berlin (dpa/Reuters). Politiker von Opposition und Union haben Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) dazu aufgefordert, bei seinem Antrittsbesuch in den USA Aufklärung über die angeblichen CIA- Geheimgefängnisse und Gefangenentransporte in Europa zu verlangen.
Steinmeier schloss nicht aus, dass er das Thema zur Sprache bringen werde. »Das, was zu lesen ist, gäbe in der Tat Anlass zu Besorgnis«, sagte er. Eine Bewertung müsse aber auf der Grundlage von Fakten und nicht von Zeitungsberichten vorgenommen werden, betonte der Außenminister. Steinmeier begrüßte, dass der britische Außenminister Jack Straw die USA im Namen der EU offiziell um Aufklärung bitte. »Das warten wir ab.« Steinmeier fliegt heute in die USA.
Mit Blick auf das Verhältnis zu den USA betonte er: »Wir brauchen keinen Neuanfang in den Beziehungen.« Deutschland und die USA hätten unterschiedliche Auffassungen über das Vorgehen im Irak gehabt. »Wir stehen aus gutem Grund zu unserer Position.« Allerdings hatte Steinmeier zuvor deutlich gemacht, dass er die Differenzen in der Irak-Frage durch die Politik der vergangenen drei Jahre für weitgehend ausgeräumt hält.
Grünen-Chefin Claudia Roth erklärte, sie erwarte, dass Steinmeier die rückhaltlose Aufklärung der CIA-Flüge einfordert. »Wie viele Gefangene wurden wann wohin transportiert, welche Zwischenstopps gab es in Deutschland?«, fragte Roth.
Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach sagte: »Ich gehe davon aus, dass Steinmeier dieses Thema in Washington ansprechen wird.« Die USA müssten ein Interesse daran haben, nicht in falschen Verdacht zu geraten.
Der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Max Stadler verlangte ein gemeinsames Vorgehen der EU-Staaten wegen der geheimen CIA-Flüge und Gefängnisse. »Das ist ein brisanter Vorgang«, sagte Stadler.
In diesem Jahr soll es laut »Berliner Zeitung« weitaus mehr geheime CIA-Flüge in Europa gegeben haben als bislang bekannt. Danach sollen als zivile Maschinen getarnte CIA- Flugzeuge bis Ende September mindestens 15 Mal auf europäischen Flughäfen gelandet sein.
Nach Informationen der »Märkischen Allgemeinen« bestätigt eine Liste ungeklärter Flugbewegungen, dass es in jüngster Zeit mehrfach Flüge von Kabul in Afghanistan und dem US-Stützpunkt Guantánamo auf Kuba nach Rumänien und Polen gegeben habe.
Die Affäre um die CIA-Gefängnisse könnte politische Konsequenzen für den EU-Beitrittskandidaten Rumänien haben. Sollte sich bestätigen, dass Rumänien in dieser »ungesetzlichen und unmenschlichen Weise« mit der CIA kooperiert habe, werde man den »Beitritt zur Europäischen Union Anfang 2007 trotz aller Verträge noch einmal zur Diskussion stellen«, sagte der außenpolitische Sprecher der EVP-Fraktion im Europaparlament, Elmar Brok, aus Bielefeld.
Über ein »Guantánamo-ähnliches Gefangenenlager« der Amerikaner im Kosovo berichtete die französische Tageszeitung »Le Monde«. Die Zeitung berief sich dabei auf Angaben des Menschenrechtsbeauftragten des Europarates, Alvaro Gil Robles.
Vor dem Treffen mit US-Außenministerin Condoleezza Rice in Washington macht Steinmeier Station bei der UNO in New York. Im Gespräch mit UN-Generalsekretär Kofi Annan geht es um die Lage in Afghanistan und die Reform der Vereinten Nationen. Deutschland ist laut Koalitionsvertrag weiterhin bereit, einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat zu übernehmen.

Artikel vom 28.11.2005