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USA erwarten die
1000. Hinrichtung

Bitteres Jubiläum bestätigt Kritiker

Von Gabriele Chwallek
Washington (dpa). In den USA steht ein makabres Jubiläum bevor: die 1000. Hinrichtung seit Wiedereinführung der Todesstrafe im Jahr 1976.

Nach bisherigem Stand wird Daryl Mack, ein verurteilter Mörder aus Nevada, am 1. Dezember der Gefangene sein, der dieses Stück US-Geschichte schreibt. Er beteuert zwar seine Unschuld, aber hat sich entschieden, nicht mehr in die Berufung zu gehen: Er will lieber jetzt sterben, als noch länger in der Todeszelle zu sitzen.
Vielleicht wird auch ein anderer, der bereits am 30. November in die Hinrichtungskammer geführt werden soll, die bittere Wegmarke setzen. Sofern nämlich ein für einen dritten Todeskandidaten verfügter Exekutionsaufschub Anfang der Woche aufgehoben werden sollte, rückt Robin Lovitt aus Virginia, jetzt noch Todeskandidat 999, um einen Platz auf.
Mit ihm würde ein Mann sterben, dessen Fall für Gegner der Todesstrafe beispielhaft vieles von dem verkörpert, was sie gegen das so genannte »Capital Punishment« kämpfen lässt. Lovitt, heute 41, wurde als Kind von seinem alkoholsüchtigen Vater misshandelt, missbraucht, geriet in schlechte Gesellschaft und war für die Polizei auch gleich der Hauptverdächtige, als 1998 ein Spielhallenmanager mit einer Schere erstochen aufgefunden wurde. Lovitt beteuert bis heute seine Unschuld, seinerzeitige DNA-Tests an der mutmaßlichen Tatwaffe brachten kein eindeutiges Ergebnis, aber neue Tests - mit inzwischen weitaus fortschrittlicheren Methoden - sind nicht möglich. Ein Mitarbeiter des zuständigen kriminaltechnischen Labors warf praktisch alle Beweisstücke im Fall Lovitt weg - wegen Platzmangels.
Statistiken zeigen, dass trotz überarbeiteter Gesetze gemessen an der Bevölkerung immer noch deutlich mehr Schwarze hingerichtet werden als Weiße, und noch krasser wird die Diskrepanz, wenn der Täter schwarz und das Opfer weiß ist. Auch sind 98 Prozent der leitenden Bezirksstaatsanwälte in den Staaten, in denen es Todesstrafe gibt, weiß.
Inzwischen sind die Hinrichtungsmethoden »humaner« geworden, wie es jedenfalls die US-Justizbehörden formulieren. In 37 von 38 US- Bundesstaaten, die die Todesstrafe wieder einführten, gibt es die Giftspritze. Kommentar

Artikel vom 26.11.2005