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Polit-Humor in schweren Zeiten

Ingo Appelt »befreit« die Nation mit seiner spitzen Zunge


Bielefeld (Rga). Kaum ein Komiker schießt derart quer, und arbeitet die kleinen und großen Fehler von Politikern und anderen Prominenten dermaßen derbe heraus, wie Ingo Appelt. In einer Zeit, in der die Politik Haushaltkonsolidierung mit Abzocke verwechselt, sind die Schnellschüsse gegen Merkel und Co. wie Balsam für die geschundene Seele.
Angela Merkel, die erste Frau in der Riege der Regierungschefs, bekam in der Darbietung Appelts ihr Fett weg wie kaum jemand anderes. Ohne Humor könne man die Frau schließlich in den nächsten Jahren nicht ertragen. Ingo Appelt spielte ebenso mit Mehrdeutigkeiten wie mit Assoziationsketten, wobei er über »Angela Merkel«, »Mond« und »Trabant« folgerichtig zum »Ossi« gelangte. Letzterer war ohnehin ein Thema, in dem der Komiker mit dem Spitz-Pony genüsslich schwelgte.
Neben Kanzlerin Merkel gab es an diesem Abend im Gymnasium »Am Waldhof« zwei ebenso heimliche wie unfreiwillige Stars namens Sylvia und Anja; jene zwei Damen, die just in dem Moment, in dem Appelt übers »Kloputzen« sprach, den Saal verließen.
Neben allen wichtigen Parteien wie der CDU, den Grünen, der FDP, den Sozialdemokraten und weniger wichtigen wie der NPD wurden Nena und Xavier Naidoo duch den Kakao gezogen. Appelt parodierte die Künstler, indem er die Macken und Besonderheiten der Stimmen heraus arbeitete. Er sang neben Songfetzen des »Sohnes aus Mannheim« auch Nena nach. Natürlich wurde auch hier gerne mal die Brücke zu »Angie« Merkel geschlagen, der Text entsprechend umgdichtet.
In einer Zeit, in der der Verdruss der Menschen, die sich gegen ihre Politiker nicht wehren können, immer größer wird, sieht sich Ingo Appelt als den wahren Repräsentanten des Volkes. Dieses nutzte den Abend in Bielefeld, um sich mit frenetischem Applaus und vor Lachen tränenden Augen zu bedanken. Vielleicht ist da ja sogar etwas Wahres dran, wenn sich Appelt ebenso selbstgefällig wie selbstironisch als den »Retter der Nation« aufspielt. »Humor ist eben, wenn man trotzdem lacht«, lautet ein weises Sprichwort, das zur Maxime des respektlosen Künstlers geworden ist. In diesem Sinne hat er seinem Publikum mit dem Faible für Imitationen und Parodien in der Tat den Weg aus dem Elend gewiesen.

Artikel vom 30.11.2005