26.11.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Von Michael Schläger

Bielefelder
Optik

Jetzt geht's los


Sie hatten blumige Namen, hießen »Denkanstoßliste« oder »aufgabenkritisches Verfahren«. Sie waren in früheren Jahren nichts anderes als die Versuche von Rat und Verwaltung, aufgeblähte Strukturen zu stutzen und zu sparen. Wer sich heute der Mühe unterziehen würde, die verblichenen Papiere einmal darauf hin zu überprüfen, was auch tatsächlich umgesetzt wurde, hätte wahrscheinlich ein Aha-Erlebnis der besonderen Art. Wenig bis gar nichts dürfte dabei herauskommen. Gewiss, manches wäre »abgearbeitet«, aber wohl eher, weil einfach die Zeit darüber hinweggegangen ist.
Jetzt liegt wieder ein solches Papier auf dem Tisch, die »Leitlinien« der Ratsfraktionen zum Haushalt 2006. Wieder tauchen darin Vorschläge auf, die auch schon in den vorausgegangenen Listen als revolutionär eingeführt wurden. Neue Dienstleistungsangebote in den Stadtbezirken etwa oder die Umwandlung des Theaters in eine GmbH. Auch eine ambitionierte Personalpolitik gehört dazu, die unter Ausnutzung der natürlichen Fluktuation die Kosten für Besoldung und Gehälter minimiert.
Doch anders als bei »Denkanstoßliste« und »aufgabenkritischen Verfahren« müssen die »Leitlinien« ein Erfolgsmodell werden. Sie sind auf lange Sicht die letzte Chance für die Stadt, aus eigener Kraft zur finanziellen Unabhängigkeit zurückzufinden. Deshalb muss es jetzt an die Arbeit gehen. Die Leitlinien sind verabschiedet. Die finanziellen Rahmendaten hat Kämmerer Franz-Josef Löseke mit seinem Etatentwurf in dieser Woche vorgelegt. Auch wenn der städtische Finanzchef einen ersten Lichtschimmer am Ende des Tunnels ausmacht, hat er doch auch auf den anhaltenden Ernst der Lage verwiesen.
Immerhin seit 2001 sind Einnahmen und Ausgaben bei der Stadt nicht mehr ausgeglichen. Zehn Jahre werden vergangen sein, bis dies 2010 erstmals wieder gelingen könnte. 380 Millionen Euro Schulden haben sich bis zu diesem Zeitpunkt aufgebaut. Nach wie vor ticken finanzielle Zeitbomben im Stadtetat. Die von der alten Bundesregierung eingeführte Grundsicherung etwa, die Menschen im Alter den Weg zum Sozialamt ersparen sollte und wegen der demografischen Entwicklung für sehr viel mehr Menschen als erwartet zum Rentenersatz wird. 17 Millionen Euro müssen allein dafür jedes Jahr bereit gestellt werden.

Artikel vom 26.11.2005