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Aktion mit Herz und Geschichte

Sat1 präsentiert Zweiteiler »Die Luftbrücke« am Sonntag und Montag

Von Carsten Rave
Sat1, Sonntag, 20.15 Uhr: Heino Ferch tritt in die Kantine des alliierten Personals auf dem Flughafen Berlin-Tempelhof. Niemand beachtet ihn, alle brabbeln durcheinander. Da zückt der Bildschirmheld blitzschnell seine Waffe und schießt einmal in die Decke.
West-Berliner Jungen winken einem »Rosinenbomber« zu (Aufnahme von 1948).Foto: dpa

Die Leute durchfährt ein Schreck. Nur eine Frau erfasst die Situation: Die Schauspielerin Bettina Zimmermann greift nach einer Leiter und ersetzt eine zu Bruch gegangene Glühbirne. Heino Ferch macht sie zu seiner Privatsekretärin.
Heino Ferch spielt in dem Zweiteiler »Die Luftbrücke - Nur der Himmel war frei« an diesem Sonntag und Montag den US-General Philip Turner, der in Berlin 1948 den Weg frei machen soll für die »Rosinenbomber«, die das von den Sowjets abgeschnittene West-Berlin aus der Luft mit Lebensmitteln versorgen sollen. Bettina Zimmermann ist die Berlinerin Luise Kielberg, Kantinenangestellte. Zwischen beiden entspinnt sich eine Liebesgeschichte.
Der historische Hintergrund ist ähnlich wie bei den Sat1-Mehrteilern »Der Tunnel« und »Das Wunder von Lengede« echt, die Romanze des US-Generals nicht. Turner hieß in Wirklichkeit William H. Tunner - der Sender gab dem Helden einen neuen Namen, um Tunners Persönlichkeitsrechte und die seiner Witwe nicht zu verletzen. General Lucius D. Clay (gespielt von Ulrich Tukur), der Erfinder der »Luftbrücke«, trägt den wirklichen Namen.
An Clays Biografie orientiert sich auch der 7,5 Millionen Euro teure Zweiteiler, gedreht von Dror Zahavi, produziert von der Ufa- Tochter Teamworx unter der Leitung von Nico Hofmann, der vier Jahre lang »über mehrere Wechsel in Redaktions- und Geschäftsleitung bei Sat1« an dem Stück arbeitete. Die Ansprüche sind hoch: »Das Wunder von Lengede« erreichte vor zwei Jahren mehr als neun Millionen Zuschauer pro Teil: Ein Wert deutlich unter dieser Marke wäre eine echte Enttäuschung.
»Unser Film ist zwar etwas fürs Herz, aber gleichzeitig erzählen wir Geschichte«, sagt der 42-jährige Ferch. Wer historische Präzision erwartet, wird von der »Luftbrücke« nicht zufrieden gestellt, doch an emotionaler Ballung fehlt es nicht: Luise ist verheiratet mit dem Arzt Kielberg (Ulrich Noethen), der plötzlich aus der Gefangenschaft zurückkehrt und seine Frau vor eine Zerreißprobe stellt. Nebenbei kommt der Partner ihrer Freundin Leni (Katharina Wackernagel) ums Leben - ein US-»Rosinenbomber«-Pilot - Tragik pur.
Seit »The Big Lift« mit Montgomery Clift (1950) gab es keinen bedeutenden Spielfilm über die Berlin-Blockade. In die Produktion eingebunden wurde das Alliiertenmuseum in Berlin-Dahlem, das ein Auge auf die Details warf. Am Rande der Dreharbeiten erklärte Historiker Bernd von Kostka den Schauspielern und an der Produktion beteiligten Mitarbeitern an einem Modell mit Pappflugzeugen, wie die Flugkorridore aussahen. 277 000 Flüge brachten damals in 15 Monaten mehr als 2,1 Millionen Tonnen lebenswichtige Güter nach Berlin. Bei Sat1 reichten drei echte Maschinen. Der Rest der Flugszenen entstand am Computer.

Artikel vom 26.11.2005