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Graphologe bringt Sänger in Bedrängnis

Quittung für Schlagertext doch von Jürgen Drews?

Von Christian Althoff
Bielefeld (WB). Hat Jürgen Drews (60) vor dem Bielefelder Landgericht im Streit um Tantiemen gelogen? Ein jetzt fertiggestelltes graphologisches Gutachten lässt zumindest Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Schlagersängers aufkommen.

Der »König von Mallorca« war im vergangenen Jahr von Hausfrau Ewa C. (53) vor dem Landgericht Bielefeld verklagt worden, das für Urheberrechtsfragen zuständig ist (wir berichteten). Die Frau hatte dem Gericht eine von Drews unterschriebene Quittung vorgelegt, mit der der Sänger am 15. August 1986 den Erhalt der von Ewa C. getexteten Lieder »Glaub's oder nicht«, »Traurigkeit macht sich in meinem Herzen breit« und »Irgendwann, Irgendwo, Irgendwie« bestätigt haben soll.
»Ich habe nur für die ersten beiden Titel unterschrieben, der dritte muss nachträglich eingefügt worden sein«, hatte Drews vor Gericht beteuert. Immerhin gilt der 1989 veröffentlichte Titel »Irgendwann, Irgendwo, Irgendwie« als ein Song, mit dem Jürgen Drews' sinkende Karrierekurve wieder einen Aufschwung genommen hatte, 100 000 Platten waren damals verkauft worden.
Die Klage der Hausfrau, die damals ihre Schwester Ilona G. als Zeugin für die Übergabe der Liedtexte benannt hatte, war abgewiesen worden, weil sie nicht beweisen konnte, dass die handschriftliche Einfügung in die Quittung von Drews stammte. Da die Staatsanwaltschaft annahm, Ewa C. und ihre Schwester hätten sich die Sache ausgedacht, um an das Geld des Sängers zu kommen, waren die beiden wegen Betrugsversuches vor dem Amtsgericht angeklagt worden - Ilona G. sogar wegen eidlicher Falschaussage.
Strafverteidiger Dr. Detlev Binder, der Ilona G. vertritt, sagte am Freitag, angesichts des jetzt fertiggestellten graphologischen Gutachtens sei eine Verurteilung seiner Mandantin kaum noch denkbar. Der Sänger hatte nämlich in der vergangenen Woche auf Anordnung des Amtsgerichtes mehrere Schriftproben aus den 80-er und 90-er an einen Graphologen übergeben - darunter übrigens auch den Textentwurf für den 1983 erschienenen Titel »Liebe im All«, den Drews damals sogar der Weltraumbehörde NASA angedient hatte. »Wenn sie den in ihren Raumschiffen spielen, klappt's auch mit der Liebe im All«, hatte der Sänger den Amerikanern sinngemäß geschrieben.
»Dieser Schriftsachverständige kommt nun zu dem Schluss, dass nicht länger ausgeschlossen werden kann, dass die in Frage stehenden Wörter Irgendwann, Irgendwo, Irgendwie auf der Quittung tatsächlich von Jürgen Drews geschrieben worden sind«, sagte Binder. Der Gutachter habe sieben Merkmale untersucht und nur eine Abweichung entdeckt. »Vor diesem Hintergrund können die beiden Frauen nicht länger als Betrügerinnen hingestellt werden«, erklärte der Anwalt. Möglicherweise müsse jetzt sogar der Zivilprozess neu aufgerollt werden: »Wenn der Text tatsächlich von Ewa C. stammt, steht ihr auch eine Beteiligung an den Tantiemen zu«, sagte Binder.
Der Prozess gegen die beiden Frauen wird am Montag fortgesetzt - ohne den »König von Mallorca«. Er hat sich entschuldigt, weil er zur selben Zeit in sonnigen Gefilden auf einem Kreuzfahrtschiff singen wird.

Artikel vom 26.11.2005