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Ein »Schatten« über
starken Ergebnissen

Langlauf: Nach Angerers Triumph folgt Filbrichs Sperre

Kuusamo/Finnland (dpa). Tobias Angerer schwebte nach seiner Gala im siebten Himmel, der gesperrte Jens Filbrich war am Boden zerstört.
Die vom Weltverband FIS gegen den Frankenhainer wegen eines grenzwertigen Blutwertes verhängte fünftägige Schutzsperre hat im Deutschen Skiverband für Verärgerung gesorgt und den starken Auftritt der Langläufer beim Weltcup in Kuusamo überschattet.
Bundestrainer Jochen Behle konnte den zweiten Weltcupsieg für Tobias Angerer sowie die dritten Plätze für Angerer, Filbrich und Claudia Künzel daher nicht richtig genießen. »Es ist nicht einfach, zur Tagesordnung überzugehen, nach dem, was alles passiert ist. Mit den vier Podestplätzen bin ich natürlich zufrieden«, sagte Behle.
Eine am Samstagabend bei Filbrich nach dessen drittem Platz über 15 Kilometer klassisch vorgenommene Blutkontrolle hatte einen Hämoglobinwert im Blut von 17,0 ergeben. Dies entspricht exakt dem festgeschriebenen Grenzwert. Die FIS schloss Filbrich über 15 Kilometer im freien Stil aus. Ein Dopingfall liege aber nicht vor, sagte Jürg Capol, FIS-Direktor Langlauf. »Das ist eine Katastrophe für mich. Der DSV macht Druck und hat eine Schadensersatzklage gegen die FIS eingereicht«, sagte Filbrich.
In den Statuten gibt es unterschiedliche Auslegungen für den Fall, dass ein Athlet genau den Grenzwert von 17,0 aufweist. Filbrich reagierte mit Unverständnis und Wut auf die Entscheidung der FIS, der seit langem bekannt sei, dass er genetisch bedingt höhere Blutwerte habe. »Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Meine Blutwerte liegen immer im Grenzbereich, zwischen 16,5 und 17,4. Seit einem Jahr kämpfe ich gemeinsam mit dem DSV um eine Ausnahmegenehmigung, ohne Erfolg. Wir sind hilflos und wissen nicht, was wir noch tun sollen«, erklärte der Vize-Weltmeister im Team-Sprint, der beim nächsten Weltcup in Kanada wieder startberechtigt ist.
Angerer bezeichnete die Startsperre für Filbrich als »Frechheit«. Unbeeindruckt vom Wirbel um seinen Team-Kollegen lief der Vachendorfer gestern über 15 km im freien Stil »mit schweren Beinen« auf Rang drei. »Ich bin überrascht, dass ich zwei Mal aufs Podium gekommen bin. Zum Schluss habe ich die letzten Reserven mobilisiert«, sagte Angerer.
Am Samstag war der 28 Jahre alte Bayer über die gleiche Distanz im klassischen Stil zum zweiten Weltcupsieg seiner Karriere gestürmt. »Es lief sensationell. Ich hatte einen guten Rhythmus und einen super Ski am Fuß«, sagte Angerer. »Ich habe jetzt das Selbstvertrauen zu sagen, ich gehöre zu den Besten der Welt.«
Zufrieden war auch Claudia Künzel. Die Oberwiesenthalerin meldete sich über 10 Kilometer mit Platz drei (klassisch) und fünf im Skating-Stil in der Weltspitze zurück. »Einfach unglaublich, das ist ein Hammer. Ich bin total überrascht«, jubelte sie. Viola Bauer (Oberwiesenthal) erfüllte am Samstag mit Platz acht die Olympia-Norm, Evi Sachenbacher-Stehle (Reit im Winkl) schaffte gestern Rang sieben.

Artikel vom 28.11.2005