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»Flo« juckte Niederlage heftig

Nach dem 30:31 in Lemgo besiegen die DHB-Männer gestern Slowenien

Von Oliver Kreth
Lemgo/Dortmund (WB). Es geht doch. Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hat im zweiten Testspiel gegen Slowenien endlich mal wieder gewonnen. In der Neuauflage des EM-Finals von 2004 siegte die DHB-Auswahl gestern in der Westfalenhalle 28:26 (15:12).

Vor allen Dingen die physische Unterlegenheit seiner Mannschaft bereitete dem Weltmeister von 1978 am Freitag noch gewaltiges Kopfzerbrechen. »Wir müssen unbedingt an unserer körperlichen Konstitution arbeiten«, forderte Brand deshalb in den Katakomben der Lipperlandhalle.
Bestes Beispiel für das Manko: Ausgerechnet der im Angriff überragende Florian Kehrmann (13/2) bekam auf der ungewohnten halbrechten Deckungsposition gegen Miladin Kozlina (8) seine natürlichen Körper-Grenzen aufgezeigt. »Ich wiege ja 50 Kilo weniger als er«, meinte »Flo«. Immerhin zeigte die Brand-Sieben zumindest nach dem Seitenwechsel kämpferische Qualitäten. »Auf der zweiten Halbzeit lässt sich aufbauen, aber wirklich nur darauf«, meinte Brand mit kritischem Blick auf die ernüchternde erste halbe Stunde.
Denn vor allem der Rückraum ist nach dem Abgang der goldenen Generation, (unter anderem Volker Zerbe, Daniel Stephan) ein echtes Notstandsgebiet. Oleg Velyky, der lange verletzte Markus Baur und auch Frank von Behren waren auf der Position des Regisseurs absolute Fehlbesetzungen, die Torquote lange Zeit gruselig.
Baur ist bei Brand dennoch gesetzt. »Er ist noch nicht soweit«, meinte der Bundestrainer, setzt aber große Hoffnung in den 34-jährigen Lemgoer. Brand: »Markus kann bei der EM in der Schweiz vielleicht noch ganz wertvoll für uns werden.«
Der Wunsch von Kehrmann (»Ich würde gerne einmal wieder ein Länderspiel gewinnen. Dass das derzeit nicht gelingt, regt mich schon auf«) wurde am 1. Advent auch prompt erfüllt. In Dortmund zeigten die Brand-Männer eine Trotzreaktion. Der zusammengestellte Verlegenheits-Kader - es fehlten Christian Zeitz, Volker Michel, Michael Kraus, Holger Glandorf und die Magdeburger Spieler - bewies Moral. »Im Gegensatz zum Spiel am Freitag haben wir den Kampf die komplette Spielzeit angenommen«, sagte Kehrmann, der vor 10 140 Zuschauern »nur« zwei Treffer zum ersehnte Sieg im viertletzten Testspiel vor den kontinentalen Titelkämpfen (26. Januar bis 5. Februar) beisteuerte.
Nach schwachem Start und der 7:5-Führung (15.) der Gäste übernahm der Olympia-Zweite zunehmend die Regie. Dank der Reaktionsschnelligkeit von Torhüter Henning Fritz (Kiel) und der Treffsicherheit von Rechtsaußen Christian Schöne (Göppingen/5) ging der Gastgeber mit einem 15:12-Vorsprung in die Halbzeit. Den verdienten Sieg stellten eine geschlossene Mannschaftsleistung und der beste deutsche Torschütze Uwe Gensheimer (19/SG Kronau/Östringen) mit sechs Treffern sicher.
»Für die Mannschaft war das erhoffte Erfolgserlebnis sehr wichtig. Wir mussten mal wieder ein bisschen für das Selbstvertrauen tun, es war ein Schritt voran«, sagte der sichtlich erleichterte Brand. Ähnlich wie das Team von Frauen-Bundestrainer Armin Emrich, das den letzten Härtetest vor der WM in Russland gegen Slowenien im »Vorprogramm« in ansehnlicher Manier bestanden hatte, zeigte auch das »starke« Geschlecht zumindest gestern einen klaren Aufwärtstrend. Brand: »Wir haben das umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben, aber noch jede Menge Aufholbedarf.«
Schon bis Mitte Dezember muss Brand einen vorläufigen 24-köpfigen EM-Kader an die EHF melden. »Wenn ich ehrlich bin, habe ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht«, sagte der Gummesbacher.

Artikel vom 28.11.2005