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»Schumi« will weit nach vorn

Ex-Lamonta jetzt bei Gerolsteiner

Gerolstein (WB). Die Radsport-Saison geht erst im Januar richtig los, doch schon beim ersten Treffen des neu formierten Teams Gerolsteiner war einem die Vorfreude besonders anzumerken. Nach seiner »Doping-Affäre« will Stefan Schumacher im neuen Trikot wieder richtig Gas geben.

Mit einem Dreijahresvertrag in der Tasche schnuppert Stefan Schumacher beim Mannschafts-Meeting in Gerolstein die erste Teamluft. Im Viersterne-Hotel kann der Pedaleur den Bilderbuch-Blick hinaus in die Vulkan-Eifel genüsslich genießen. »Nach dem Mist der letzten Monate weiß ich es viel höher zu schätzen, wenn alles gut läuft.«
Dieser »Mist« - das war nach sieben Saisonsiegen ein handfester Verdacht. Der Nürtinger sollte gedopt haben. Eine positive Probe machte aus seinem Radsportmärchen plötzlich einen Albtraum. Cathin hieß die Substanz, die gefunden worden war. Schumacher heute: »Ich hatte keine Ahnung, was das für ein Zeug ist. Ich hatte es nicht wissentlich genommen. Aber wer glaubt dir so was heutzutage?«
Letztendlich stellte sich heraus, dass ausgerechnet ein von seiner Mutter (Beruf Ärztin) verschriebenes Medikament gegen Pollenallergie die verbotene Substanz erhält. Der Wirkstoff ist im Beipackzettel unter einem anderen Namen aufgeführt. Doch glücklicherweise hatte sich der Radfahrer im Vorfeld abgesichert: »Unser Teamarzt, ja sogar die niederländische Antidoping-Agentur hatten das Medikament auf Anfrage für unbedenklich erklärt.« Kurios: Vor dem Sportgericht sicherte Schumacher am Ende eine Telefonrechnung mit Gesprächsnachweisen seine Radfahrlizenz.
Rückblickend sagt der 24-Jährige: »Am schlimmsten waren die gesellschaftlichen Auswirkungen. Überall guckten mich die Leute an. Man wird in jedem Supermarkt darauf angesprochen und sicher denken viele, da ist was dran. Doping im Radsport. Ich habe mich gebrandmarkt gefühlt.«
Rennen ist »Schumi« seit Juli nicht mehr gefahren, weshalb der 24-Jährige doppelt auf die ersten Einsätze im Mineralwasser-Dress brennt. Der Schwabe will wieder positive Schlagzeilen schreiben: »Ich bin für die Frühjahrsklassiker vorgesehen, auch der Giro ist angedacht. Das war für mich vor einigen Monaten noch utopisch.«
Schumachers Stern ging vor zwei Jahren beim Rheda-Wiedenbrücker Lamonta-Team auf. »Wir hatten nur einen Mini-Kader, aber dafür hat der Mannschaftsgeist gestimmt. Ein super Sprungbrett«, schwärmt der Schwabe, der 2004 zu »Shimano« in die Niederlande und damit unbeabsichtigt ins Abseits wechselte. Nun also »eine Liga« höher der Neuanfang: Gerolsteiner-Manager Hans-Michael Holczer ist zuversichtlich: »Stefan muss sich in der ersten Liga erstmal beweisen. Aber ich traue ihm bei einem Pro-Tour-Rennen einen Platz unter den ersten Zehn zu. Er gilt als großes Talent, trotzdem muss genau wie bei Fabian Wegmann irgendwann die Ernte eingefahren werden.«

Artikel vom 24.11.2005