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Auf dem Balkan zählt
Laibach zu den Schönsten
Kultur und eine Spur von mediterranem Leben unter der historischen Burg
Das ist der Hit - für ein Brautpaar ebenso wie für Touristen! Die slowenische Hauptstadt Laibach hat in diesem Herbst zum ersten Mal eine öffentliche Prunkhochzeit zelebriert. Und im kommenden Jahr soll dies wiederholt werden.
Die Trauung findet auf den Stufen des Rathauses statt, feierlich gestaltet von Bürgermeisterin Danica Simsic und umrahmt von Volkstanz-Ensembles und dem Blasorchester der Bergleute. Mit Kutschen fahren die Brautleute und ihre Angehörigen durch das Spalier der jubelnden Menge über die Tripel-Brücke zum Preseren-Platz, wo in der Franziskanerkirche der Gottesdienst stattfindet.
Während das Hochzeitspaar danach zum Essen fährt, dürfen die Zaungäste unter den Augen des Nationaldichters France Preseren weiter feiern: Musikdarbietungen jedweder Couleur, ein frisch gezapftes Pils und leckerer Käse mit frischem Brot vom benachbarten Markt - dies alles vor der Kulisse einer der schönsten Städte auf dem Balkan.
»Laibachs Reichtum an Wissen, kreativem Schöpfergeist und kulturellen Ereignissen ist mit dem größerer Metropolen durchaus vergleichbar«, lobt die Bürgermeisterin die Stadt, die ihren Blick nach Norden - also weg vom Balkan - richtet, deren Herz aber zugleich nach Süden strebt, hin zum Mittelmeer.
Nirgends ist das besser zu spüren als an den Ufern der Ljubljanica, die unterhalb des Burgberges durch die Altstadt fließt. Flaniert man vom Preseren-Platz über die vom stadtprägenden Architekten Joze Plecnik errichtete Tripelbrücke und wandert den Fluss entlang, so wechseln sich Straßencafés und Marktstände ab, die von Büchern über Gemälde bis hin zu Schmuck viele schöne Dinge bieten und das Kulturbewusstsein der Bewohner widerspiegeln. Dass auch die Gäste hier so manches Schnäppchen machen können, versteht sich von selbst. Allerdings bereitet sich Slowenien auf die Einführung des Euro im Jahr 2007 vor - und so steigen die Preise kontinuierlich. Das würgt die Kaufkraft ab und sorgt auch dafür, dass notwendige Investitionen - insbesondere im Privatsektor - ausbleiben.
Dabei gibt es gerade in der Innenstadt noch etliche Bauten, die dringender Sanierung bedürfen. »Die hässliche Fratze des Sozialismus« grinst noch hinter etlichen Ecken hervor, denn bis zur Unabhängigkeit 1991 gehörte Slowenien zu Jugoslawien. Aus dieser Zeit stammt auch der Platz der Republik - ein scheußliches Ensemble betonierten Größenwahns. Peinlich, dass gerade dort das Parlament steht, dessen Türen auch mit ziemlich ungenierten Nackedei-Darstellungen verunziert sind. Diese Atmosphäre zieht Stadtstreicher an. Die Nachbarschaft des Hohen Hauses gleicht mittlerweile einer wilden Müllkippe.
Gleichwohl muss man dort hindurch, um vom Kongressplatz mit der barocken Ursulinenkirche, der Philharmonie (hier wirkte einst Gustav Mahler!) und der Universität ins Diplomatenviertel zu gelangen.
Es wird von herrlichen Villen der K.u.K.-Ära geprägt - und eine der schönsten haben die USA sich zum Botschaftssitz erkoren. So müssen es George Bushs Abgesandte trotz ihres großen Sicherheitsbedürfnisses erdulden, dass täglich Touristen das Gebäude fotografierend umkreisen. Zumal gegenüber, in reizvollem Kontrast, die Kunstmuseen der Stadt mit ihrem Wechselspiel aus klassischer und moderner Architektur stehen. Einige Schritte weiter stößt der Besucher dann auf die orthodoxe Kirche mit ihren schönen Ikonen und überreich bemalten Innenwänden.
Durchs Botschaftsviertel irren auch immer wieder die Autos der Touristen auf der Suche nach einem Parkplatz. Doch die Besucher haben keine Chance. Weiträumig um den Stadtkern herum ist das Parken am Straßenrand auf eine, höchstens zwei Stunden limitiert. Und die slowenische Polizei ist für ihre gnadenlose Strenge bekannt... Einzige Möglichkeit: Parkhaus.
Wer auf den Wagen verzichtet und einen Tagesausflug mit dem Zug von Österreich aus plant, muss früh aufstehen, denn die einzige Verbindung startet morgens kurz nach sechs in Villach.
Höhepunkt - im wahrsten Sinne des Wortes - ist der Besuch der Burg »Ljubljanski Grad«. Steil führt ein Pfad durch eine enge Gasse in der Nähe der hübschen Drachenbrücke (man muss von dort am Markt und Dom vorbei) auf den Berg. Die Mühen werden belohnt: Im Burghof gibt es leckeren Kuchen und den besten Kakao zwischen Paris und Wien. So gestärkt geht's auf die letzte Etappe: die Erklimmung des Burgturmes. Keinesfalls sollte man das virtuelle Museum versäumen, welches mittels eines 3D-Filmes in die Stadtgeschichte einführt.
Der Blick vom Turm offenbart, dass der Wolkenkratzer, der 1933 von Vladimir Subic gebaut wurde und Europas höchstes Haus war, inzwischen von anderen Gebäuden »überholt« wurde. An klaren Tagen geht der Blick nach Norden zu den Karawanken ins historische slowenische Kernland. Wer es danach gemütlich angehen lassen will, kann mit einem kleinen Bähnchen zurück in die Innenstadt.
Thomas Albertsen

Artikel vom 03.12.2005