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Land stockt Arzneireserve auf

Vorsorge gegen denkbare Vogelgrippe-Epidemie -ĂŠKabinett in Herford

Von Reinhard Brockmann
Herford (WB). Nordrhein-Westfalen wird als erstes Bundesland seine Medikamentenreserve für den Fall einer Vogelgrippe-Pandemie verdoppeln. Damit sollen für insgesamt 30 Prozent der 18 Millionen Einwohner im Laufe des Jahres 2006 Mittel verfügbar sein.

Das kündigte Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) gestern Abend nach der ersten auswärtigen Kabinettssitzung der schwarz-gelben Landesregierung in Herford an. Für die Aufstockung der Medikamentenreserve stellt NRW 28 Millionen Euro zur Verfügung. Derzeit reicht die Reserve für 14,6 Prozent der NRW-Bevölkerung.
Die Medikamente sollen teils in fertiger Form (Tamiflu), teils als Vorprodukt eingelagert werden. Weiter sagte Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) dieser Zeitung, durch Umschichtung könne sukzessive ein Teil der eingelagerten Mittel zur Produktion normaler Grippemittel verbraucht werden. Sie würden dann stets durch frische Vorprodukte ersetzt. Nach menschlichem Ermessen, sagte Rüttgers, sei NRW mit der Bevorratung für knapp ein Drittel seiner Bürger gut gerüstet. »Trotz der Ballungsräume, der anstehenden Fußball-WM und der Großflughäfen im Lande kann damit allen Betroffenen geholfen werden.«
Gesundheitsminister Laumann wertet die aus China gemeldeten Fälle von Übertragung der Vogelgrippe auf den Menschen als alarmierend. Sie seien aber noch kein Hinweis auf ein massenhaftes Überspringen eines neuen Virus von Mensch zu Mensch. Auch wenn niemand exakt den weiteren Gang vorhersagen könne, müsse die Politik die einhelligen Voraussagen der Fachleute, »dass es passieren kann«, zur Grundlage ihres Handelns machen.
Die Gäste hatten Herfords spektakulärste Adresse für ihre Sitzung und einen Empfang regionaler Prominenz gewählt. Das MARTa-Museum, konzipiert als »Haus des Möbels« erwies sich als kommode Einrichtung für Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und seine schwarz-gelbe Regierungsmannschaft. Neben Kunst und Kommunalem kamen auch Gesetzentwürfe zu Studienbeiträgen und zur Abschaffung der Fehlbelegerabgabe auf den Tisch. Beide neuen Gesetze werden noch in diesem Jahr ins Düsseldorfer Parlament eingebracht.
Demnach sollen die Hochschulen vom Wintersemester 2006/2007 an bis zu 500 Euro Semester-Beiträge von Studien-Anfängern erheben dürfen. Von 2007 an dürfen für alle Studierenden Gebühren kassiert werden. Die Gesetzesnovelle verlangt von den Hochschulen allerdings eine »Geld-zurück-Garantie«. Verursacht ein unzureichendes Lehrangebot eine Verlängerung des Studiums, müssen die Hochschulen auf Beiträge verzichten oder sie zurückzahlen.
Das Kabinett beschloss weiter den schrittweisen Ausstieg aus der Fehlbelegerabgabe bis 2010. Derzeit müssen Mieter in Sozialwohnungen eine Fehlbeleger-Abgabe zahlen, wenn sie mehr als 20 Prozent über den festgelegten Einkommensgrenzen liegen.
Nordrhein-Westfalen will auch ein Bleiberecht für langjährig geduldete, sozial integrierte Flüchtlinge auf den Weg bringen. Eine entsprechende Initiative werde die Landesregierung Anfang Dezember in die Innenministerkonferenz von Bund und Ländern einbringen, kündigte Innenminister Ingo Wolf (FDP) an. Das Bleiberecht soll an viele Voraussetzungen geknüpft werden. Dazu gehören mindestens sechs Jahre ununterbrochener Aufenthalt in Deutschland, mindestens zwei Jahre sozialversicherungspflichtige Arbeit oder Rente, gute Deutsch-Kenntnisse und Sicherung des Lebensunterhalts der Familie. Damit bleiben 65000 Flüchtlinge, die in NRW Sozialleistungen beziehen, von einer solchen Ausnahme-Regelung ausgeschlossen.

Artikel vom 23.11.2005