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Gut ist die Marke
nur mit Vision

Bilgri und Häusel beim IHK-Forum

Von Bernhard Hertlein
Bielefeld (WB). »Wenn Marken aus der Wirtschaft Religion ersetzen, dann ist das ein Versäumnis der Religion«, sagt Anselm Bilgri, ehemals Leiter des Klosters und Wirtschaftsbetriebs Kloster Andechs in Bayern. Man dürfe den Marken deshalb keinen Vorwurf machen.

Bilgri war einer von drei prominenten Referenten beim gestrigen ersten »Forum Kommunikation« der Industrie- und Handelskammer (IHK) Ostwestfalen. Im vollbesetzten Assapheum in Bielefeld-Bethel wies der noch von Kardinal Josef Ratzinger, dem heutigen Papst Benedikt XVI., zum Priester geweihte frühere Benediktinermönch darauf hin, dass Marken nur bis an die Schwelle zum Jenseitigen gelangen. Gleichwohl verkauften sie Werte. Als Beispiel nannte Bilgri den Hersteller Harley Davidson, der nicht nur Motorräder, sondern Freiheit verkaufe.
Bilgri, der nach seinem Abschied von Kloster Andechs ein Zentrum für Unternehmenskultur gegründet hat, fordert von Managern, dass sie eine Vision entwickeln und wie Missionare begeistern können. Die Zukunft gehöre spirituell getriebenen Marken. Wem es nur um Zahlen und Gewinn gehe, nehme seinen Produkten Authenzität und werde scheitern. Wichtig sei eine Belegschaft, die von der Sache überzeugt sei. Als Beispiel nannte er Jesus und die zwölf Apostel. Bilgri schmunzelnd mit Blick auf Judas: »Einen personellen Fehlgriff darf sich jeder Chef erlauben.«
Zu Beginn des IHK-Forums umriss Dr. Hans-Georg Häusel, Vorstand der Beratungsgruppe Nymphenburg und Autor des Buchs »Brain Script«, die Grundrisse der modernen Gehirnforschung und ihre Folgen fürs Marketing. Jede (Kauf-)Entscheidung werde letztlich von Emotionen gesteuert. Häusel beschrieb sechs Prototypen: Abenteuer/Pioniere (Anteil: 9 Prozent), Performer/Karrieristen (6), Disziplinierte (12), Bewahrer (35), Genießer (22) und Hedonisten (16). Die Zahl derer, die diesen Gruppen angehören schwanke nach Alter und Geschlecht. Häusler zeigte an konkreten Beispielen, wie sich jede gut geführte Marke in diesem Kreis von Prototypen genau verorten lässt.
Melitta-Geschäftsführer Christoph Hirschmann bestätigte dies am Beispiel der Mindener Kaffee-Marke. Durch eine modernere Werbung solle jedoch ihre Platzierung bei den Bewahrern und Genießern ausgedehnt werden.

Artikel vom 22.11.2005