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Das Gemälde war aus dem Nichts aufgetaucht

Bisher unbekanntes George-Grosz-Bild wird im Februar bei Christie's in London versteigert


Düsseldorf/London (dpa). Ein bisher unbekanntes Gemälde von George Grosz (1893-1959) ist aus einer privaten Kunstsammlung aufgetaucht. Das 1915 entstandene Bild mit dem Titel »Cafészene, Ober zwei kleine Pils« sei eines der frühesten Ölgemälde des sozialkritischen Künstlers. Dies teilte gestern eine Sprecherin des Auktionshauses Christie's mit, das die auf bis zu etwa 900000 Euro geschätzte karikaturhafte Berliner Café-Szene am 6. Februar 2006 in London versteigert. »Das Bild ist für Grosz-Forscher wie auch für uns Kunstmarkt-Experten aus dem Nichts aufgetaucht«, sagte die Sprecherin.
Im Entstehungsjahr des 46 mal 56 Zentimeter großen Frühwerks, das mehr als 50 Jahre lang in der nicht näher genannten europäischen Privatsammlung aufbewahrt worden ist, war Grosz gerade aus dem Militärdienst entlassen worden. Seine Kritik am Wohlleben des Bürgertums während der ersten Kriegsmonate geißelt der entschiedene Antimilitarist in der »Cafészene«, in der sich wohlgenährte Anzugträger mit zweifelhaften Damen amüsieren.
Von der Hand des 1933 in die USA geflohenen Künstlers sei dies »das erste Gemälde, das jene schonungslose Sozialkritik offenbart, für die er später berühmt wurde«, erklärte das Auktionshaus. Bis Ende November wird das in Düsseldorf ausgestellte Gemälde auf einer »Tournee« noch in München und Stuttgart zu sehen sein.
Im reizvollen Kontrast zu Groszs Berlin-Schilderung steht eine ebenfalls in der Hauptstadt entstandene, vibrierende »Straßenszene« (1914) Ernst Ludwig Kirchners, die ebenfalls während der Aktion im Februar versteigert werden soll (Schätzpreis: ca. 2,7 bis 3,75 Millionen Euro). Zum weiteren Angebot der Versteigerung deutscher und österreichischer Kunst in London gehören das »Aktbild mit Zinnober« (1910) von Franz Marc, ein Blumengarten Emil Noldes von 1908, »Rote Kuh vor Häusern« (1913) von Heinrich Campendonk sowie eine sonnige Restaurant-Terrasse, die Max Liebermann 1911 gemalt hat.
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Artikel vom 22.11.2005