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Schicksal der
Lilli Jahn

Dokumentation


XXP, 21.15 Uhr: Viel wusste Martin Doerry nicht über seine Großmutter Lilli Jahn. Sie war 1944 in Auschwitz ermordet worden, ihre fünf Kinder hatten die Nazi-Zeit überlebt. Erst als Lillis Sohn, der frühere Bundesjustizminister Gerhard Jahn, 1998 starb, fand sich in seinem Nachlass der umfangreiche Briefwechsel zwischen Lilli Jahn und ihren Kindern. Auf dieser Grundlage schuf Doerry die Biografie »Mein verwundetes Herz. Das Leben der Lilli Jahn 1900-1944«. Das Buch wurde in 20 Sprachen übersetzt.
Im vergangenen Jahr konnte die BBC Ilse Doerry, Lillis älteste Tochter, dazu bewegen, für eine Fernsehdokumentation an die Orte ihrer Kindheit zurückzukehren und sich gemeinsam mit ihrem Sohn Martin auf Spurensuche zu begeben. Nachdem der Film »A Letter to Lilli« im April 2004 in Großbritannien ausgestrahlt wurde, zeigt XXP ihn als deutsche Erstausstrahlung unter dem Titel »Mein verwundetes Herz - Das leben der Lilli Jahn«.
Lilli Jahn wurde wegen einer aus heutiger Sicht unglaublichen Lappalie verhaftet: Weil am Klingelknopf kein Namensschild war, steckte sie eine alte Visitenkarte ein, auf der ihr Name samt Doktortitel - Lilli Jahn war Ärztin - stand. Nachdem die Gestapo sie festgenommen hatte, sahen die Kinder ihre Mutter nie wieder. Aber sie schrieben ihr Briefe, auf die Lilli auch aus der Lagerhaft antwortete. Vor ihrer Deportation nach Auschwitz übergab sie die Briefe einer Aufseherin, von der die Kinder sie erhielten. In ihrem Heimatort Immenhausen hat man sich erst spät an Lilli Jahn erinnert. Heute aber tragen eine Schule und eine Straße ihren Namen.

Artikel vom 22.11.2005