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Ausreißen geht bis zur Grenze

Niederländischer Erfolgsfilm »Einmal Istanbul und zurück« bei Arte

Arte, 22.45 Uhr: Ein recht flotter Film aus den Niederlanden wagt einen beherzten Blick auf das heutige Europa: »Einmal Istanbul und zurück« entwirft amüsante und manchmal dramatische Bilder von den verschiedenen Kulturen.
Etwas eingeschüchtert von der Wirklichkeit: Die beiden Ausreißerinnen Rana (Ozlem Solmaz, li.) und Roos (Sarah Jonker, re.) auf ihrer abenteuerlichen Zugfahrt von Amsterdam nach Istanbul.Foto: Arte

Roos und Rana sind 16 Jahre alt, leben in Amsterdam und sind die engsten Freundinnen. Roos lebt mit den kleinen Geschwistern bei der gestressten Mutter, die immer wieder von den Männer sitzen gelassen wird. Rana muss sich als Türkin zuhause jedes bisschen Freiheit erkämpfen, das für andere Mädchen selbstverständlich ist. Beide träumen davon, berühmt zu werden und in tollen Kleidern türkische Popmusik zu singen. Zusammen reißen sie aus, um sich ihren Traum in der Türkei zu erfüllen. »Einmal Istanbul und zurück« heißt der Fernsehfilm, der in den Niederlanden 2001 ein Überraschungserfolg wurde.
Der Alltag in Amsterdam sieht für die Mädchen ganz anders aus, als sie ihn sich erträumen. Ranas angespannte Situation spitzt sich weiter zu, als ihr Bruder der Mutter aus ihrem Tagebuch vorliest.
Sie bekommt Hausarrest und darf nur für die Schule ihr Zimmer verlassen. Verzweifelt beschließt sie, gemeinsam mit Roos abzuhauen. Sie entwendet ihrer Mutter Ersparnisse, und in der Schulpause stehlen sich die beiden davon. Sie kaufen sich Fahrkarten nach Istanbul. Es folgt eine anstrengende und abenteuerliche Reise durch Deutschland, über Wien und Sofia.
Die Fahrt endet auf einer Polizeistation an der türkischen Grenze, wo Ranas Vater die beiden Mädchen in Empfang nimmt. Sie werden bestens untergebracht bei der berühmten türkischen Popsängerin Gülseren Yildirim, die sich selber spielt. Roos und Rana warten angstvoll auf eine harte Bestrafung, die merkwürdigerweise auszubleiben scheint.
In den Niederlanden begeisterten die schnellen Schnitte des Films und die Musik, vor allem aber die beiden Hauptdarstellerinnen Sarah Jonker (Roos) und Ozlem Solmaz (Rana), die beide zum ersten Mal vor der Kamera standen, das Publikum und die Kritiker. Die türkischstämmige Regisseurin Meral Uslu realisierte zuvor verschiedene Reportagen und Dokumentationen für das niederländische Fernsehen. »Einmal Istanbul und zurück« (»Roos en Rana«) ist ihr erster Film. 2005 folgte mit »Allerzielen« eine Sammlung kleiner Beiträge von verschiedenen niederländischen Regisseuren als Reaktion auf die Ermordung des Filmemachers Theo van Goghs. Die Drehbuchautorin Paula Van der Oerst hat bereits eine lange Karriere sowohl als Regisseurin, als auch als Autorin hinter sich. 2001 realisierte sie den preisgekrönten Film »Zus & zo«, für den sie auch das Drehbuch schrieb, und der 2003 als bester niederländischer Film für den Oscar nominiert wurde.

Artikel vom 22.11.2005