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Keiner pfeift auf Schiri Meyer

Arminen beginnen mit der Ursachenforschung für das 1:2 bei sich selbst

Von Dirk Schuster
Bielefeld (WB). Sie hätten es machen können wie so viele Zuschauer, die beim Verlassen der SchücoArena auf Schiedsrichter Florian Meyer (36) schimpften. Weil sie vergeblich nach dem Grund suchten, der eine zweiminütige Nachspielzeit gerechtfertigt hätte. Doch die Fußballer der Bielefelder Arminia suchten die Verantwortung für die 1:2-Niederlage gegen die Bayern zuerst bei sich selbst.

»Dammi hatte bei Tobias Raus Einwurf gefragt, wie lange noch zu spielen ist. Der Schiedsrichter hat klar angesagt, dass er noch 30 Sekunden laufen lässt. Wir wussten also, dass er noch nicht abpfeift«, verriet Bielefelds Mittelfeldspieler Michael Fink. Dass der gute Rau trotzdem keinen Sicherheitseinwurf ausführte, sondern das Spielgerät mutig noch einmal in Richtung Bayern-Tor beförderte, sollte sich wenige Wimpernschläge später als unvorhersehbare Fehlentscheidung herausstellen.
Auch Bernd Korzynietz spielte die als Vorlage angelegte Frage nach der vermeintlich überflüssigen Nachspielzeit dem Passgeber postwendend zurück, in dem er entgegnete: »Das Spiel ist erst aus, wenn der Schiedsrichter pfeift.«
Für Arminias Rechtsverteidiger hat längst die Vorbereitung auf das nächste Spiel Samstag in Wolfsburg begonnen. Über so eine Niederlage, sagte Korzynietz, müsse er eine Nacht schlafen, »dann greife ich wieder an«.
Für seine Mannschaftskollegen, dessen ist sich »Kozze« sicher, gelte das gleiche. »Wir haben in dieser Saison schon mehrere Rückschläge hinnehmen müssen und sind wieder aufgestanden.«
So gedenken es die Arminen auch dieses Mal zu tun. Möglichst noch vor der Partie in vier Tagen in der Volkswagen-Arena, damit der einsame Auswärtssieg, den der DSC in Nürnberg holte, Gesellschaft bekommt. Apropos Nürnberg: »Dort haben wir genau das Gegenteil zum Spiel gegen die Bayern erlebt«, erinnerte Thomas von Heesen daran, dass Glück und Pech in der Bundesliga genau wie im richtigen Leben oft so dicht beieinander liegen, dass gar nicht viel Zeit bleibt, um sich in einer extremen Gemütsverfassung - ganz gleich ob himmelhoch jauchzend oder zu Tode betrübt - ausgiebig zu baden. Und weil man, wie der DSC-Trainer ergänzte, »das Glück nicht gemietet« habe, durften sich am Samstag eben andere daran bedienen. Ob es nun ausgerechnet die Bayern sein mussten, wer will darüber richten?
Fest steht: Deutlich schwerer als eine Last-Minute-Enttäuschung gegen den Tabellenführer hätte eine gegen Duisburg oder Kaiserslautern, also gegen einen der Konkurrenten aus dem Tabellenkeller, gewogen. So aber hat der Sechs-Punkte-Vorsprung auf die Teams auf den Abstiegsplätzen nach wie vor Gültigkeit. »Bis zur Winterpause haben wir Zeit, den Platz zu stabilisieren, den wir jetzt belegen«, ließ von Heesen durchblicken, dass er trotz der zwei jüngsten Misserfolge keinerlei Zweifel habe, dass Arminia Bielefeld völlig zurecht auf Platz elf der Erstligatabelle positioniert ist.
Mutig, mutig, mag mancher denken. Doch dass, wie der 44-Jährige sagte, »wir trotz der Personalsorgen gegen Bayern mitgehalten haben«, sei ein klares Indiz dafür, dass Arminias zwischenzeitliches, drei Siege in Serie umfassendes Hoch nie und nimmer dem Zufall zugeordnet werden dürfe.
An einen Psycho-Knacks, den die Niederlage verursacht haben könnte, glaubt der den Optimismus pflegende Trainer darum erst recht nicht. »Die Mannschaft ist absolut intakt. Wir schütteln uns kurz, und dann geht's weiter«, gab Thomas von Heesen die Losung für die kurze Zeit zwischen Bayern-Rückschlag und Wolfsburg-Herausforderung aus.

Artikel vom 22.11.2005