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Abschied unter Tränen

Hilde Gergs Turin-Traum bleibt unerfüllt

Gräfelfing (dpa). Unter Tränen hat Hilde Gerg ihr Karriereende bekannt gegeben und auch dem Deutschen Skiverband dürfte nach dem »Aus« seiner besten Abfahrerin vor dem Olympia-Winter zum Heulen zu Mute sein.
Eine schwere Knieverletzung zwingt die 30-Jährige vorzeitig in den sportlichen Ruhestand. »Mir wäre es lieber gewesen, dieser Termin wäre vier Monate später gewesen. Aber ich muss damit umgehen«, sagte Hilde Gerg, die bei ihren Abschiedsworten in Gräfelfing bei München von Weinkrämpfen überwältigt wurde.
Bei einem Trainingssturz am vergangenen Mittwoch in Copper Mountain (USA) hatte die Slalom-Olympiasiegerin von 1998 einen Impressionsbruch des rechten Schienbeinkopfes, einen Anriss des Außenmeniskus sowie einen Teilriss des hinteren Kreuzbandes erlitten. »Die Rehabilitation wird vier bis sechs Monate dauern«, erklärte der behandelte Arzt Erich Rembeck, der Hilde Gerg auch schon nach ihrem Kreuzbandriss im Dezember 2002 betreut hatte.
»Es war wie ein Schock. Auch nach der Narkose habe ich es nicht geglaubt. Es war wie im Film, ich habe mir gesagt: Das kann nicht ich sein«, sagte Gerg über ihren geplatzten Traum, bei ihren dritten Olympischen Winterspielen eine weitere Medaille zu holen. »Ich hoffe nur, das hat für mein späteres Leben keine Folgen.«
Der Ausfall seiner mit 20 Weltcupsiegen besten Rennläuferin trifft den Deutschen Skiverband hart. »Wir sind bei den Damen nicht hoffnungslos, aber wir verlieren die Hoffnung auf durchschnittlich 15 Podestplätze«, sagte DSV-Alpinchef Walter Vogel.
Für Hilde Gerg steht zunächst die langwierige Rehabilitation an. Das Ziel einer Treckingtour in Nepal im April hat sie noch nicht aufgegeben. Im Sommer will die Lenggrieserin das Haus ihrer Schwiegereltern am Königssee zu einer Pension umbauen. Und mit Ehemann Wolfgang Grassl soll die Familienplanung beginnen.
»Es war eine schöne Zeit«, sagte Hilde Gerg mit Blick auf ihre Karriere mit Höhen und Tiefen. Als 18-Jährige feierte sie 1994 ihren ersten Weltcupsieg. In Nagano 1998 holte sich Gerg nach Kombinations-Bronze olympisches Gold im Slalom. 2002 startete sie als Favoritin, musste aber nach den Plätzen vier (Abfahrt) und fünf (Super-G) die größten Enttäuschungen verkraften.
Verletzungen waren Gergs ständige Begleiter. Im Dezember 2002 erlitt sie einen Riss des vorderen Kreuzbandes im linken Knie und kehrte ohne Operation schon nach 14 Tagen wieder in den Weltcup zurück. Ihr Ziel, eine WM-Medaille in St. Moritz, verfehlte sie dann aber zwei Monate später deutlich. Bereits im Jahr 2000 hatte sich die dreimalige WM-Dritte nach einem Wadenbeinbruch wieder in die Weltspitze zurückkämpfen müssen und 2001 mit WM-Bronze im Super-G ihr Comeback gefeiert.

Artikel vom 22.11.2005