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Nur Uli Hoeneß fragt: »Was hat das mit Glück zu tun?«

Bayern-Trainer Magath sieht in Arminia die spielbestimmende Elf

Von Hans Peter Tipp
Bielefeld (WB). Felix Magath blickte am Samstag ungläubig auf das Blatt Papier, das ihm vor der Pressekonferenz eilig in die Hand gedrückt worden war. Dann schaute er sicherheitshalber noch mal hin und formulierte auf seine inzwischen bekannt bedächtige und leise Art: »Ich kann gar nicht glauben, was da steht. Wir hatten die meisten Ballkontakte, die meisten Torschüsse - das kann nicht sein, da müssen sie noch mal mit ihrem Computer sprechen.«

Soweit der Trainer des deutschen Fußball-Rekordmeisters Bayern München zum 2:1-Sieg bei Arminia Bielefeld. Ganz anders dagegen Uli Hoeneß, cleverer Manager und lautstarker Wortführer des deutschen Rekordmeisters: »Ich kann das nicht mehr hören. Kann mir mal einer erklären, wo das Glück gewesen sein soll?«, polterte der Manager: »Das Spiel dauert 92 Minuten. Wir haben 60 Minuten Schlafwagenfußball gespielt, aber dann haben wir Gas gegeben und uns eine Chance nach der anderen erarbeitet. Zwei davon waren eben drin. Der Schiedsrichter hat nicht länger spielen lassen, es war kein geschenktes Tor dabei, nix. Also, was hat das mit Glück zu tun?«, polterte Hoeneß auf dem Weg zum Mannschaftsbus.
So unterschiedlich können Gewinner ein Spiel sehen. Dusel-Bayern oder doch der Sieg des ewigen Glaubens an die eigene Stärke? Es sprach in Bielefeld viel dafür, dass die Einlassung des Trainers die treffendere war. Und so blieb Magath, obwohl die Zahlen anderes nahelegten, hartnäckig bei seinem »gefühlten« Eindruck: »Ich lese hier, dass wir mehr Ballkontakte, mehr gewonnene Zweikämpfe und genauso viel Torschüsse hatten wie Bielefeld. Die Statistik irritiert mich. Arminia war fast die ganze Zeit spielbestimmend. Nach dem 1:0 habe ich nicht mehr an einen Umschwung geglaubt und wäre mit einem Remis zufrieden gewesen.«
Und die Spieler? Die behaupteten, immer an den Sieg geglaubt und nie etwas anderes im Sinn gehabt zu haben -Êobwohl dies auf den Zuschauerrängen bestenfalls in den letzten zehn Spielminuten zu spüren war. Doppeltorschütze Claudio Pizarro sagte völlig überzeugt: »Das Wichtigste war, dass wir gewonnen und weiter unseren Vorsprung haben. Wir haben in der Pause erfahren, dass Bremen klar führt. Da haben wir gewusst, dass wir nicht verlieren dürfen.«
Auch Sebastian Deisler, beim Seitenwechsel gekommen und nur als unwesentliche Verstärkung wahrzunehmen, meinte: »Es ist nicht nur Glück. Wir haben uns diesen Sieg erarbeitet, weil wir nach dem 0:1 richtig etwas dafür getan haben.« Wenigstens der Franzose Willy Sagnol, der während der Partie mit seiner extrem lustlos wirkenden Körperhaltung erstaunlich arrogant wirkte, kam hinterher der Wahrheit nahe: »Bei solchen Spielen in Bielefeld, Gladbach oder Köln geht es nur um das Ergebnis.«
Und so gönnte sich später aber auch Felix Magath zumindest eine exklusive Sicht der Dinge. Während alle Welt den Sieg dem einzigen willigen Bayern-Stürmer Claudio Pizarro zuschrieb, der auch bis zu seinen Treffern deutlich aktiver wirkte als der unsichtbare Roy Makaay, stellte Magath fest: »Das war ein Paulo-Guerrero-Sieg.« Das war zumindest nicht völlig abwegig. Denn der junge Peruaner war als Joker in der 78. Minute gekommen und hatte zu beiden Münchener Treffern die Vorarbeit geliefert.

Artikel vom 21.11.2005