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Schönheitswahn läuft Qualität den Rang ab

Nina Petri umrahmte Ausstellungseröffnung mit Lesung

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Sie gewinnt ihr Charisma aus ihrer großen Natürlichkeit und verkörpert den Typus, dem das Werk von Kirsten Geisler (künstliche Schönheiten) entgegen steuert. So in etwa charakterisiert Alexander Baumgarte die Schauspielerin Nina Petri, die auf Einladung des Bielefelder Galeristen am Samstag die Ausstellungseröffnung mit Werken von Kirsten Geisler, Salvatore Mammoliti und Ernst Ludwig Kirchner mit einer Lesung umrahmte.

Die Erfahrungen, auf die sie mit ihren 42 Jahren blicken könne, möchte sie nicht missen, doch alt werden, verriet die Schauspielerin im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT, fände sie »nicht toll«. In ihrer Branche sei sie ständig mit dem Thema Schönheit konfrontiert. Qualität hingegen spiele immer weniger eine Rolle, bedauert die Hamburgerin die allgemeine Verflachung und den Trend zur Vereinheitlichung.
»Soziale Problemfelder und kritische Stoffe laufen nur mehr unter ferner liefen«, sagt die Schauspielerin, die 1993 für ihre Charakterrolle in Tom Tykwers »Die tödliche Maria« mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet wurde und die seither in zahlreichen Film- und Fernsehproduktionen ihr großes Talent und ihre Vielseitigkeit unter Beweis gestellt hat.
Indes, der allgemeine Jugend- und Schönheitswahn schlägt auch auf ihre Arbeit durch: »Seit ich 35 bin, habe ich häufig Rollen gespielt, in denen ich fünf bis zehn Jahre älter war als in Wirklichkeit.« Seit etwa zwei Jahren, erzählt die Mutter von Zwillingsmädchen (11), blieben die Angebote aus. »Dieses Jahr war grauenhaft. Ich hatte 19 Drehtage und keine große Rolle«, gibt Nina Petri unumwunden zu.
Unterkriegen lässt sich die passionierte Schauspielerin dennoch nicht. Den Lars von Trier-Film »Dogville« will sie im Februar in den Hamburger Kammerspielen auf die Bühne bringen. Überhaupt zieht es sie, die nach dem Besuch der Schauspielschule Bochum zunächst ihre Karriere als Theaterschauspielerin in Castrop-Rauxel und Heilbronn startete, wieder verstärkt auf die Bretter, die die Welt bedeuten.
Mittlerweile hat sie ihr eigenes Theaterprojekt auf die Beine gestellt: Eine »One-Woman-Show«, bestehend aus einer Collage aus Texten und Songs, zum Teil Eigenkompositionen. Dreimal hat sie »Looking for someone« mit Erfolg gespielt. Wer Interesse hat, kann sie buchen.
Noch sei sie »vollkommen von der Schauspielerei besessen«, verrät sie. Vorstellen könne sie sich aber auch, einmal Regie zu führen oder ein Buch zu schreiben. Wo sie in 20 Jahren steht, mag sich Nina Petri heute noch nicht ausmalen. »Darüber mache ich mir noch keine Gedanken. Wichtig ist, dass man gesund bleibt und seine Freunde in der Nähe hat«, postuliert die Mimin ihr persönliches wie gleichermaßen simples Lebensmotto. Recht hat sie!

Artikel vom 21.11.2005