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Beruf und Studium geeint

Gustav-Engel-Preis für Historikerin Barbara Randzio

Bielefeld (sas). Mit »Heil-erwartung und Behandlungsangebot« hat sich Barbara Randzio in ihrer Magisterarbeit befasst und am Beispiel Bethels den Aufbau der gemeindepsychiatrischen Versorgung in Bielefeld zwischen 1967 und 1996 dargelegt. Für diese Arbeit hat die 40-Jährige am Samstag den Gustav-Engel-Preis des Historischen Vereins für die Grafschaft Ravensberg erhalten. Er ist mit 2000 Euro dotiert.

Der Preis, der im Gedenken an den langjährigen Vorsitzenden und Ehrenvorsitzenden des Historischen Vereins verliehen wird, soll den geschichtswissenschaftlichen Nachwuchs fördern, ihn ermutigen, weiter Forschung zu betreiben und zudem die Beziehungen zwischen Universität und Region stärken. »Denn im Mikrokosmos spiegelt sich der Makrokosmos«, zitierte der Vereinsvorsitzende Dr. Johannes Altenberend den Bielefelder Historiker Prof. Dr. Reinhart Koselleck. Ausdrücklich, betonte er, stütze der Verein die Regionalforschung und biete dafür die institutionelle Basis.
Preisträgerin Barbara Randzio, die ihre Arbeit in einem Vortrag vorstellte, hat von 1992 an in Bielefeld Geschichtswissenschaft und Soziologie studiert. Die gebürtige Gütersloherin ist eine Spätberufene: Sie ist Krankenpflegerin in der Psychiatrie und seit 1983 in diesem Beruf tätig. »Ich habe auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur gemacht - 1991 am Bielefelder Westfalen-Kolleg - und während meines Studiums auch weitergearbeitet«, erzählt sie. Seit vier Jahren ist sie zudem stellvertretende Stationsleiterin in Gilead. Und auch wenn sie jetzt promoviert - unterstützt durch ein Stipendium der Robert-Bosch-Stiftung -, will sie ihren Beruf nicht aufgeben. »Ich werde weiter vier Nächte arbeiten. Dadurch habe ich endlich den Rücken frei, Wissenschaft zu betreiben.« Der ambulanten und stationären Krankenpflege in BRD und DDR wird sie sich widmen.
Mit der Rolle der Archive in der digitalen Wissensgesellschaft hat sich Prof. Dr. Wilfried Reininghaus, Präsident des NRW-Landesarchivs in Düsseldorf, in seinem Grußwort befasst. Stein und Papyri seien weit weniger empfindlich als CDs und Magnetbänder, die heute physikalisch unsere Gesellschaft »abspeichern«. Seit Jahrzehnten seien die Archive massiv mit diesem Problem befasst. »Klar ist: Es wird große Überlieferungslücken geben.«
Schon jetzt seien zum Beispiel sämtliche NASA-Unterlagen der 60er Jahre schlichtweg verschwunden. Wie die Langzeitarchivierung elektronischer Daten klappen solle, sei ein noch ungelöstes Problem, sagte Reininghaus und malte das Bild einer »Gesellschaft ohne Gedächtnis«. Dabei betonte er nicht nur die Funktion der Archive als Brücke zwischen gestern, heute und morgen, sondern auch ihre Bedeutung für die Demokratie: Entstanden aus den Geheimarchiven sind sie heute fester, allen zugänglicher Eckpfeiler einer demokratischen Gesellschaft. »Ohne die Archive hätten zum Beispiel viele Zwangsarbeiter keine Nachweise führen können.«
Die zweite Herausforderung sei das Ersticken im Datenmüll. »Archive bewerten und wählen aus, unterscheiden zwischen wichtig und unwichtig.« Die Web-Archivierung sei hier eine offene Flanke. Und schließlich erwarten die Archiv-Kunden zunehmend, elektronisch bedient zu werden. Die Findbücher werden bereits aufbereitet. Und irgendwann, so Reininghaus, würden auch ganze Bestände ins Netz gestellt.

Artikel vom 21.11.2005