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Der Duft der großen Parfümerie-Welt

Trotz des großen Vaters: Alexander Wolf setzt im Familienunternehmen eigene Akzente

Von Bernhard Hertlein
Bielefeld (WB). So geht das in Familienunternehmen. Mit drei Jahren wünschte sich die kleine Alissa Wolf schon den ersten Spiel-Schminktisch. Heute, mit acht Jahren, pflegt sie nach Aussage ihres Vaters einen regen Erfahrungsaustausch mit ihrer Großmutter rund um Fragen der Kosmetik.

Alexander Wolf (40), Vertreter der dritten Generation in der Geschichte der Parfümerie Wolf, besteht allerdings darauf, dass er stets die freie Wahl bei der Berufsentscheidung hatte. Und in der Tat: Die Schwestern Tatjana und Katharina wählten jede für sich andere Laufbahnen. »Aber wer so eng wie wir mit der Firma verbunden aufwächst, möchte doch den Erfolg«, sagt Alexander.
Die Idee, Oldtimer zu restaurieren, redete ihm Vater Reinhard-Dieter Wolf (66) frühzeitig mit dem einfachen Hinweis aus: »Überlege gut, ob du mit deinem angeborenen Hang zum Perfektionismus damit je Geld verdienen kannst.« So blieb die Liebhaberei ein Hobby. An Technikgeschichte interessiert, arbeitet Alexander heute in der Freizeit an einer Historie der Dürkopp-Automobile.
Mit der Ausbildung zum Fotografen bei der Bundeswehr und der Einzelhandelslehre bei Karstadt in Bielefeld richtete sich der Junior nach dem Abitur schon eher nach Bedürfnissen des Unternehmens. Dessen Wurzeln liegen in der 1928 von Alfred und Eduard Wolf im schlesischen Schweidnitz gegründeten »Zentral-Drogerie«. Nach dem Krieg enteignet, floh die Familie in den Westen. Die am 15. Mai 1947 eröffnete »Anker-Drogerie« markierte in Bielefeld den Neuanfang. Heute gehören neben dem Hauptgeschäft Parfümerie-Wolf in der Bielefelder Innenstadt noch fünf weitere Filialen (zwei weitere in Bielefeld, je eine in Herford, Minden und Detmold) zum Unternehmen. Insgesamt sind 35 Mitarbeiter beschäftigt.
Klar, dass sich der Sohn außer um Personal und Einkauf besonders um den Ausbau des an die Hauptfiliale angegliederten Fotogeschäfts kümmert. Ein neuer Akzent war die Einrichtung einer »Wellness-Etage« in der Detmolder Niederlassung. Ein familienfremder Geschäftsführer, Michael Hartmann, koordiniert das Filialgeschäft. Alle anderen Bereiche leitet weiter Reinhard-Dieter Wolf. Zudem steht Ehefrau Jutta Roswitha auch als Rentnerin nach wie vor in der Kosmetikabteilung ihre Frau.
Kriegen sich so viele Wölfe an einem Fleck nicht auch mal ans Fell? »Wir haben ja jeder unsere eigenen Bereiche«, erläutert Alexander. Hinzu kommt, dass der Vater als Präsident des deutschen und Ehrenpräsident des europäischen Verbandes des Parfümerie-Einzelhandels sowie in weiteren Ehrenämtern bei der Industrie- und Handelskammer und bis vor kurzem als Vorsitzender des OWL-Einzelhandelsverbandes oft unterwegs ist. Wenn Alexander Wolf nach eigener Aussage bei Mitarbeitern einen Satz nicht leiden mag, dann dieser: »Das haben wir immer schon so gemacht.«Ê Reinhard-Dieter Wolf sagt: »Erfahrung kann auch hinderlich sein, einen neuen Weg zu gehen.« Und: »Man kann nicht Kinder nicht vor allen Fehlern bewahren. Manche müssen sie auch selbst machen.«
So große Fußstapfen wie die, die der Vater in 35-jähriger Verbandestätigkeit in der Branche gesetzt hat, verleiten andere gern dazu, den Sohn in eine ähnliche Rolle zu drängen. Tatsächlich scheut Alexander gesellschaftliches Engagement nicht. In wichtigen Fragen - Êzum Beispiel Rolle des Mittelstandes, Verbraucherschutz, Ladenschluss, Geizwelle -Ê sind Vater und Sohn einer Meinung. Doch als es in einer bestimmten Phase darum ging, dass ihn Parfümerie-Händler zum Vorsitzenden des Jugendverbandes wählen wollten, lehnte Alexander Wolf ab: »Ein Verband ist kein Platz für eine Familiendynastie.«

Artikel vom 19.11.2005