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Tischler (38) liegt nach
Blutung im Wachkoma

Gärtner-Stiftung schenkt seiner Familie einen VW-Bus

Christian Althoff
Hüllhorst (WB). Mit ihrem gelähmten Mann Andreas (38) ein paar Stunden in der Natur zu verbringen - jahrelang hat Daniela Büscher das vermisst. »Aber jetzt sind wir endlich mobil und holen vieles nach!«, freut sich die 39-Jährige. Denn die Andreas-Gärtner-Stiftung hat der Familie einen VW-Bus mit Rollstuhl-Lift geschenkt.

Es war der 24. August 2002, an dem das Leben der vierköpfigen Familie aus Hüllhorst (Kreis Minden-Lübbecke) umgekrempelt wurde. Andreas Seidel (35) hatte so starke Kopfschmerzen, dass seine Frau einen Notarzt rief. Der tippte auf Verspannungen und fuhr wieder davon. Schließlich wurden die Beschwerden des Tischlers aber unerträglich, und Daniela Büscher brachte ihn ins Krankenhaus. Die Ärzte stellten eine Hirnblutung fest: Im Kopf war eine Ader geplatzt.
»Im Klinikum Minden beruhigte man mich und sprach von einem Standardeingriff«, erinnert sich die Sozialpädagogin. Sie macht sich heute Vorwürfe, dass sie damals nicht nachgehakt hat und nach Hause gefahren ist. Denn jene Stunden sollten die letzten gewesen sein, in denen sie sich normal mit ihrem Mann hätte unterhalten können.
Seit mehr als drei Jahren liegt Andreas Seidel jetzt im Wachkoma. Er ist gelähmt und kann lediglich hören, sehen, riechen und schmecken. Die Operation war damals missglückt, und auch vier Folge-OPs konnten den Zustand des 35-Jährigen nicht verbessern. Die Ärzte rieten der Ehefrau, ihren Mann in ein Pflegeheim zu geben, doch sie holte ihn nach Hause - zu sich und den Kindern Katharina (18) und Lukas (15). »Ich weiß, dass Andreas alles versteht, was ich oder die Kinder sagen. Und er beantwortet unsere Fragen, indem er die Augen öffnet und schließt«, erzählt Daniela Büscher und schmunzelt: »Wenn meine Tochter sich freitags für die Disco fertiggemacht hat, präsentiert sie sich Andreas noch einmal, und er blinzelt zustimmend.«
Die Pflege des Mannes ist ein Ganztagsjob. Anfangs musste die Frau ihren Mann nachts auch noch wenden, damit er sich nicht wundlag, inzwischen übernimmt eine Hydraulikmatraze diese Arbeit. Die zu bekommen war ebenso schwierig, wie Andreas Seidel in die höchste Pflegestufe eingruppieren zu lassen: »Die Mitarbeiterin des medizinischen Dienstes sagte: Ihr Mann kann ja noch alleine essen! Womit sie die Sonde meinte, durch die Nahrung in seinen Magen fließt.«
Dreimal in der Woche wird Daniela Büscher von einer Diakonie-Pflegerin unterstützt, dreimal kommen Krankengymnasten und Bewegungstherapeuten ins Haus: »Es sind kleine, aber wichtige Fortschritte, die Andy macht. Anfangs konnte er nur eine Stunde am Tag auf sein, jetzt reicht seine Konstitution für Ausflüge mit dem Rollstuhl.« Dass die 39-Jährige an ihrem Schicksal nicht verzweifelt, sieht sie in ihrem Glauben an Gott begründet: »Die Kinder und ich wissen, dass Jesus jederzeit ein Wunder vollbringen kann, wie er es vor 2000 Jahren getan hat. Wir glauben, dass es einen Tag geben kann, an dem Andreas wieder so wie früher ist.«
Die Familie, die von der kleinen Rente des Tischlers und dem Pflegegeld lebt, hätte sich den VW mit Rollstuhl-Lift nie leisten können. Unternehmer Hermann Gärtner (Porta Möbel): »Das Schicksal der Vier ist mir unter die Haut gegangen. Ich wusste sofort, dass meine Stiftung hier helfen musste.«www.andreas-gaertner-stiftung.de

Artikel vom 19.11.2005