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Der königsblaue
»Ernst-Fall« ist da

Schalkes Neuer auf dem Prüfstand

Von Klaus Lükewille
Gelsenkirchen (WB). Heute in der Champions-League gegen den PSV Eindhoven. Am Samstag in der Fußball-Bundesliga gegen SV Werder Bremen. Die Heim-Spiele der Wahrheit. Danach herrscht Klarheit: Wo steht der FC Schalke 04?

Der »Ernst-Fall« ist da. Gleich doppelt und dreifach. Denn diese königsblaue Woche wird auch zum ultimativen Härtetest für einen Spieler. Wie stark ist Fabian Ernst? Die bisherigen Darbietungen des Mittelfeldmannes, der im Sommer aus Bremen ins Revier gewechselt war, blieben weit unter den Erwartungen. Der Arbeitgeber ist nicht zufrieden - und Ernst auch nicht: »Ich muss besser spielen. Schnellstens.« Der 26-jährige Profi ist ein nüchterner Norddeutscher. Kein Schwätzer, kein Schönredner, sondern ein sehr selbstkritischer Fußballer: »Ich weiß, dass ich mehr leisten kann.«
Die anderen »Neuen«, die Schalke vor dem Saisonanpfiff holte, sie erwiesen sich als echte Verstärkungen. Kevin Kuranyi schießt wichtige und sehenswerte Tore, der Brasilianer Rafinha trumpfte zuletzt auf der rechten Außenbahn immer stärker auf. Sein Pech: Er kassierte gegen Istanbul die zweite Verwarnung und darf heute gegen Eindhoven nur Zuschauer spielen.
Ernst gehört aber weiter zur ersten Auswahl, obwohl er auch zuletzt beim 2:2 in Köln nicht überzeugen konnte. Doch Trainer Ralf Rangnick zeigt noch Geduld: »Wir haben hier einen Nationalspieler verpflichtet. Und ich bin fest davon überzeugt: Wir werden noch viel Freude am Fabian haben.« Bislang kickte Fabian aber nicht gerade fabelhaft.
Anpassungsprobleme, die an seine Zeit beim Hamburger SV erinnern. Dort stand Ernst von 1998 bis 2000 unter Vertrag und blieb nur ein Mitläufer. Mit dem Wechsel an die Weser löste er dann aber die hohen Erwartungen ein: Ernst, bis 1998 bei Hannover 96 als großes Talent gefeiert, erwies sich unter der Regie von Trainer Thomas Schaaf als Stütze und Stabilisator einer Mannschaft, die mit ihm 2004 den Titel und den Pokal-Triumph feiern sollte.
Aber Ernst wollte danach noch mehr. Bessere sportliche Perspektiven und ein höheres Gehalt. Offiziell werden diese Vereins-Veränderungen immer als »neue Herausforderung« verkauft. Beim FC Schalke 04 sieht Ernst auch heute noch seine erstklassige Zukunft: »Das ist ein ganz besonderer Verein mit tollen Fans.«
Allerdings: Ihm jubelten sie bisher höchst selten zu. Nur beim 3:0 gegen Kellerkind MSV Duisburg, da verdiente sich der »Neue« mal eine Spitzen-Note. Dabei sollte der Arbeitsplatz in Gelsenkirchen auch seine Chancen in der Nationalmannschaft erhöhen. Aber es sieht so aus, als hätte sich hier ein Profi glatt »verwechselt«. Denn seine alte Truppe, die Bremer, die spielen in der laufenden Saison klar den besseren Ball. Bei Werder hätte er sich eher für höhere Aufgaben empfehlen können.
In der DFB-Auswahl wird Ernst bei der starken Mittelfeld-Konkurrenz so schnell keinen Stammplatz bekommen. WM-tauglich ist er trotzdem. Das Ticket scheint sicher. Denn, ganz im Ernst, einen so ruhigen Reservisten wie Ernst, den nimmt jeder Trainer gern mit.

Artikel vom 23.11.2005