21.11.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Er trifft und trifft«

Dortmunds Notlösung Smolarek ist ein Glücksfall

Dortmund (dpa). Von einer Notlösung zum Glücksfall - die Trefferquote von Ebi Smolarek ist selbst seinem Trainer ein Rätsel. »Keiner redet mehr von Jan Koller. Das ist vielleicht das größte Kompliment für Ebi«, lobte Bert van Marwijk nach dem 2:0 von Borussia Dortmund über Hertha BSC Berlin.
Derweil in der Chefetage des Revierclubs intensiver denn je über eine Verpflichtung von Ailton nachgedacht wird, lieferte Smolarek Argumente für seinen Verbleib im Sturmzentrum: Mit zwei Treffern bereitete er dem Höhenflug der Gäste im Alleingang ein Ende.
Das Interesse der Borussen an Ailton wurde dadurch jedoch keinesfalls kleiner. Unbeeindruckt von den Spruchbändern einiger Fans, die von einem Transfer des eigenwilligen Brasilianers abrieten, hat der Club erste Kontakte geknüpft. »Die Gespräche sind auf dem Weg«, bestätigte Präsident Reinhard Rauball. Weil sich der favorisierte Kauf des Schweizer Nationalstürmers Alexander Frei (Stade Rennes) aus Kostengründen vorerst nicht realisieren lässt, rückte Ailton auf der Wunschliste einen Platz nach oben.
Den Mann des Tages ließen diese Spekulationen kalt. Immerhin rangiert Smolarek mit nunmehr 11 Treffern auf dem zweiten Platz der Bundesliga-Torjägerliste und muss deshalb nicht um seinen Stammplatz fürchten. Wieder einmal stellte der nach dem Kreuzbandriss von Jan Koller zum Mittelstürmer umfunktionierte Pole ungeahnte Qualitäten unter Beweis. »Er trifft und trifft und trifft«, schwärmte Michael Zorc. Im gleichen Atemzug nahm der Sportmanager Stellung zu den Ailton-Plänen. »Wir wollen keinen neuen Stürmer für Smolarek, sondern einen, der mit ihm zusammenspielen kann.«
Im Falle einer Einigung mit dem bei Besiktas Istanbul in Ungnade gefallenen Ailton würde sich der BVB auf dünnes Eis begeben. Groß sind die Bedenken der Fans, dass der Torjäger nicht in die noch unerfahrene Mannschaft passt. Schließlich lief beim 2:0 über Hertha das jüngste Team der BVB-Historie mit einem Durchschnittsalter von nur 23,8 Jahren auf. Vor der sportlichen Zukunft des finanziell arg gebeutelten Clubs ist Präsident Rauball nicht bange: »Wenn eine Mannschaft eine Perspektive hat, dann diese. Das macht mich stolz.«
Von einer ähnlich euphorischen Gemütslage war Falko Götz weit entfernt. Der Glaube des Berliner Trainers an den ersten Sieg der Hertha in Dortmund seit 33 Jahren entpuppte sich schnell als Wunschdenken. »Ich bin ziemlich angefressen«, klagte er, »eigentlich hatten wir uns hier viel mehr ausgerechnet.« Doch auch gegen eine ersatzgeschwächte Borussia blieb seine Elf nach zuletzt drei Spielen ohne Niederlage weit unter ihren Möglichkeiten.
Nur in den ersten 30 Minuten, als die Hertha das Spiel kontrollierte und sich gute Torchancen erspielte, lief alles nach Plan. Doch der Doppelschlag von Smolarek sorgte für einen unerwarteten Rückschlag im Kampf um die internationalen Plätze. Verärgert kündigte Götz eine Aussprache an: »Wir haben die Tore einfach hergeschenkt. Darüber muss geredet werden, das müssen abstellen.«

Artikel vom 21.11.2005