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Beim Bankraub
wehrlose Opfer
brutal gequält

Sparkassenräuber steht vor Gericht

Von Jens Heinze und
Bernhard Pierel (Foto)
Bielefeld (WB). Der wohl brutalste Bankraub der vergangenen Jahre - der Überfall auf die Sparkassenfiliale Altenhagen vom 2. August 2005 - hat seit gestern ein juristisches Nachspiel vor dem Landgericht. Bereits kommenden Donnerstag will die 1. Große Strafkammer das Urteil über den aus Polen stammenden Angeklagten Mariusz P. (43) fällen.

Was sich am Morgen und frühen Vormittag jenes Dienstages in der Sparkassenzweigstelle an der Kafkastraße abgespielt hatte, das werden die drei betroffenen Mitarbeiter des Geldinstitutes ihr ganzes Leben lang nicht vergessen. Drei maskierte und bewaffnete Kriminelle, vermutlich alle aus Polen stammend, waren im Morgengrauen des 2. August durch das Toilettenfenster in die Filiale eingestiegen. Der Grund dafür: Die Bankräuber wollten von den Angestellten Schlüssel und Kombination für den Tresor erpressen, um ans ganz große Geld zu gelangen.
Als erstes traf es um kurz nach 6.35 Uhr Sparkassen-Kurierfahrer Thomas K. (39/Name geändert). Der Mann, der weder über den Schlüssel verfügte noch die Tresorkombination kannte, wurde von den Kriminellen in der Zweigstelle überwältigt und brutalst misshandelt: Es hagelte Tritte und Schläge ins Gesicht, der Haupttäter schlug dem wehrlosen Opfer seine Pistole auf den Kopf, dann fesselten die Bankräuber den Kurierfahrer mit Kabelbinder.
Als Geisel Thomas K. nach mehr als zwei Stunden die Flucht aus der Sparkasse gelang, waren auch der stellvertretende Filialleiter Bernd H. (53/Name geändert) und seine Kollegin Beate J. (56/Name geändert) von den Tätern krankenhausreif geschlagen worden. Die Kriminellen hatten die Angestellten beim Betreten der Zweigstelle abgepasst und mit Schlägen und Tritten zum Öffnen des Tresorraums gezwungen. Zwei Tätern gelang am 2. August die Flucht - der jetzige Angeklagte Mariusz P. wurde mit 46 000 Euro Beute und geladener Pistole in einem Wald bei Altenhagen gefasst.
Die drei Sparkassenmitarbeiter - alle leiden bis heute unter der brutalen Tat und befinden sich weiter in psychologischer Behandlung - identifizierten gestern den 43-jährigen Polen als Haupttäter. - Mariusz P. tischte dem Gericht dagegen eine ganz andere Version auf: Er sei nur Mitläufer gewesen. Eigentlich habe er in Polen lediglich ein Angebot angenommen, in Deutschland 5000 Euro zu verdienen. Dass er dafür eine Bank ausrauben sollte, das will Mariusz P. erst direkt vorm Überfall in Altenhagen erfahren haben.

Artikel vom 22.11.2005